Die Haltung in Teilen der beiden großen Kirchen zu Israel sei "leider nicht eindeutig", sagte Schuster am Samstag bei den "Kölner Gesprächen" des katholischen Kolpingwerkes: "In beiden Kirchen gibt es Haltungen zu Israel, die eindeutig über normale Kritik hinausgehen."
Die international aktive BDS-Bewegung ("Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen") ruft zu einem umfassenden Boykott Israels auf, um das Land zu einer Aufgabe seiner Besatzungspolitik in Palästina zu bewegen.
Der Bundestag hatte die Bewegung im Mai 2019 als antisemitisch verurteilt, auch wenn diese selbst betont, sie trete allen Formen des Rassismus entgegen, einschließlich Islamophobie und Antisemitismus.
"Palästinenser sind nicht nur Opfer"
Schuster äußerte sich auch zu Stimmen aus Kultur, Medien und Wissenschaft, die den Bundestagsbeschluss als "Einschränkung der Meinungsfreiheit" kritisiert hatten: "Antisemitismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen."
Natürlich sei "normale" Kritik an Israels Regierung wie an allen anderen Regierungen legitim, aber eine Sichtweise, die Israel nur als Täter und die Palästinenser nur als Opfer sieht, gehe zu weit.
Abgesehen von einigen wenigen evangelischen und katholischen Verbänden mit der genannten "unklaren Haltung" zu Israel sei das christlich-jüdische Verhältnis in Deutschland aber noch nie so gut gewesen wie heute, ergänzte der Zentralratspräsident.
Lob für Aufarbeitung der Schuld
Besonders lobte er die "in beiden Kirchen intensive Aufarbeitung der Schuld und der Fehler der Vergangenheit". Hier gebe es auf katholischer und evangelischer Seite eine klare Abgrenzung zu den Verbrechen von früher: "Eine ähnlich klare Abgrenzung wäre auch im Missbrauchsskandal fällig."
Erstmals in ihrer mehr als 15-jährigen Geschichte fanden die Kölner Gespräche des Kolpingwerkes Deutschland ausschließlich digital statt. Angesichts des diesjährigen bundesweiten deutsch-jüdischen Festjahres "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" stand die Veranstaltung unter der Überschrift "Mitten in unserer Gesellschaft - Gegen das Vergessen. 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland".
Weil eine Aufnahme seines Vortrags aus religiösen Gründen am Schabbat nicht möglich war, hatte Schuster seine Rede vorab aufgezeichnet.