Indonesische Kathedrale verschärft nach Anschlag Sicherheitsmaßnahmen

"Für uns war das eine Warnung"

Bei einem Selbstmordanschlag an der Kathedrale von Makassar in Indonesien wurden am Sonntag 19 Menschen verletzt. Paulus Tongli ist Priester der Gemeinde und berichtet von der Lage vor Ort, sowie von Maßnahmen, die die Gemeinde ergreift.

Anschlag auf die Kathedrale von Makassar / © Herwin Bahar (dpa)
Anschlag auf die Kathedrale von Makassar / © Herwin Bahar ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie leben als Priester im Gebäudekomplex der angegriffenen Kathedrale in Makassar. Beim Anschlag am Palmsonntag selbst waren Sie nicht vor Ort. Was haben Sie davon mitbekommen aus der Gemeinde?

Paulus Tongli (Bischofssekretär in Makassar auf Sulawesi in Indonesien): Ich war zu der Zeit und bin noch in Toraja, das ist ungefähr 350 Kilometer von Makassar entfernt. Ich feiere hier im Moment die Gottesdienste zur Karwoche, so auch am Palmsonntag. Bis 2013 war ich Pfarrer an der Kathedrale von Makassar und lebe auch heute noch im Gebäudekomplex.

Um ungefähr 10:30 Uhr, direkt nach der zweiten Palmsonntagsmesse gab es eine Explosion, einen Selbstmordanschlag an der Pforte der Kathedrale zu Makassar. Der Täter war ein junger Mann, 26 Jahre alt, der mit seiner Frau mit einem Motorrad direkt nach der Messe in den Kirchraum eindringen wollte. Zum Glück konnte das ein Sicherheitsbeamter an unserer Kirche verhindern. In dem Moment explodierte die Bombe, die das Ehepaar in einem Rucksack hatte.

Die Polizei sagte uns, dass die Täter von fundamentalen Islamisten beeinflusst waren. Sie gehörten der extremistischen Gruppierung Jemaat Ansharud Daulah (JAD) an, die auch für einen ähnlichen Anschlag auf eine Kathedrale in den Philippinen verantwortlich gemacht wird. JAD wird im Zusammenhang mit dem Islamischen Staat gebracht. In Indonesien ist JAD seit dem 31. Juni 2018 verboten.

Die Täter sind direkt vor Ort verstorben, aus unserer Gemeinde wurden nach aktuellen Zahlen 19 Menschen verletzt, darunter auch der Sicherheitsmann, der die Täter davon abhielt, auf den Kirchhof zu kommen.

DOMRADIO.DE: Wie geht es denn den Opfern, den Verletzten?

Tongli: Ich habe mit dem Pfarrrer gesprochen. Einige sind schwerverletzt, sie wurden operiert. Den Umständen entsprechend sind sie aber in gutem Zustand.

DOMRADIO.DE: Schlimmeres wurde durch die hohen Sicherheitsmaßnahmen verhindert. Ist das üblich für christliche Kirchen in Indonesien?

Tongli: Ja. Während der großen Feste wie Weihnachten oder Ostern bewacht die Polizei die Kirchen jeweils mit 20, 30 Mann. Auch bei unserer Kathedrale in Makassar gibt es normalerweise Polizeischutz, der war aber am Palmsonntag nicht vorhanden. Da war kein einziger Polizist da. Die Polizei sagt, dass sie Ihren Einsatz auf die Kar- und Ostertage konzentrieren werde.

DOMRADIO.DE: Haben Sie öfter Sicherheitsprobleme an der Kathedrale, oder ist das neu?

Tongli: Das war das erste Mal. Normalerweise haben wir keine Probleme mit der Sicherheit.

DOMRADIO.DE: Wollen Sie die Sicherheitsvorkehrungen nun erhöhen?

Tongli: Ja, das werden wir tun. Die Gottesdienste feiern wir weiter wie geplant, aber die Maßnahmen werden verschärft.

DOMRADIO.DE: Wie fühlt sich denn die Gemeinde nach solch einem Anschlag?

Tongli: Für uns war das eine Warnung, dass es Menschen in unserem Umfeld gibt, die unsere Sicherheit bedrohen.

DOMRADIO.DE: Der Anschlag wurde von religiösen Fundamentalisten ausgeübt. Wie ist denn grundsätzlich das Miteinander zwischen Christen und Muslimen bei Ihnen?

Tongli: Wir arbeiten eigentlich viel und intensiv zusammen. Es gibt ein Forum für interreligiöse Zusammenarbeit, das nicht vom Staat organisiert wird, sondern gemeinsam von den Religionsgemeinschaften. Im Normalfall sind die Beziehungen eigentlich gut, aber es gibt auch Terroristen und Extremisten, vor allem im indonesischen Islam, die viele Angriffe ausüben.

In den vergangenen zehn Jahren gab es relativ viele Anschläge auf Kirchen. Zu Weihnachten gab es zum Beispiel auch einen Selbstmordanschlag im Osten der Insel Java, das ist da genau so abgelaufen wie hier bei uns.

DOMRADIO.DE: Welche Reaktionen haben Sie auf den Anschlag bekommen?

Tongli: Wir fühlen uns trotz der Gefahr alles andere als alleine. Von überall kamen Sympathiebekundungen: Einzelne Menschen, Gruppen, Organisationen und religiöse Führer haben ihre Trauer und ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht. Die Regierung ist auch da, um die Menschen zu stärken: etwa der Präsident durch einen Anruf im Fernsehen.

Noch am Sonntag waren der Polizeichef der Republik Indonesien und der Kommandeur der indonesischen Nationalarmee vor Ort. Am Sonntagabend kamen der Religionsminister und der Generaldirektor der katholischen Gemeindeberatung, am Montag hat uns der Bürgermeister mehrmals besucht. Wir hoffen, dass dieser Vorfall zu Einheit und Solidarität zwischen allen Teilen der Gesellschaft führen kann, um gemeinsam den Terrorismus und die Intoleranz zu bekämpfen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Paulus Tongli (privat)

Anschlag auf die Kathedrale von Makassar / © Herwin Bahar (dpa)
Anschlag auf die Kathedrale von Makassar / © Herwin Bahar ( dpa )
Quelle:
DR