Schuster warnt vor gesellschaftlichen Corona-Langzeitfolgen

"Maximaler Abstand zu Extremisten"

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnt vor gesellschaftlichen Langzeitfolgen und Verwerfungen in der Corona-Pandemie. Viele hätten sich gegen die Maßnahmen radikalisiert, sagte er.

Demonstrant der "Querdenken"-Bewegung / © Annette Riedl (dpa)
Demonstrant der "Querdenken"-Bewegung / © Annette Riedl ( dpa )

"Die Netzwerke, die in dieser Zeit zwischen Corona-Leugnern, Impfgegnern und Rechtsradikalen entstanden sind, besorgen mich zutiefst. Wir müssen einen genauen Blick auf das werfen, was am Fundament der Demokratie nagt", sagte Schuster aus Anlass einer Buchpremiere am Dienstagabend in Berlin.

Dort wurde der Sammelband "Fehlender Mindestabstand - Die Coronakrise und die Netzwerke der Demokratiefeinde" von den Herausgebern Heike Kleffner und Matthias Meisner vorgestellt. Schuster ist in dem neuen Buch mit einem Beitrag vertreten.

Die aufgezeichnete Buchpremiere ist auf der Internetseite der Berliner Volksbühne abrufbar. An der Veranstaltung sind unter anderen die Journalistin Dunja Hayali, der Pianist Igor Levit und der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) beteiligt.

Demokratie zurückerobern

Schuster sagte, es verstärke sich der Eindruck, "dass sich die Demos gegen Corona-Maßnahmen immer weiter radikalisieren und immer mehr gewaltbereite Demonstranten darunter sind". Wenn die Pandemie im Griff sei, "gilt es nicht nur, sich das alte Leben zurückzuerobern", sagte Schuster in einer Videobotschaft. "In gewisser Weise müssen wir auch die Demokratie zurückerobern." So sei spätestens nach der Bundestagswahl im Herbst eine selbstkritische Auswertung in den politischen Institutionen angebracht.

Mit Blick auf die Zivilgesellschaft fragte Schuster: "Haben sich hier nachhaltige Strukturen entwickelt, in denen gegen unseren Staat gearbeitet wird?" Demokratische Werte müssten neu belebt, radikale Kräfte zurückgedrängt werden. "Wenn wir aus gesundheitlichen Gründen keinen Abstand mehr zu unseren Mitmenschen einhalten müssen, so brauchen wir dringender denn je einen maximalen Abstand zu Extremisten", betonte der Zentralratspräsident.

Viele Blickwinkel

In einem auf Twitter verbreiteten Video würdigt die Journalistin Hayali das Buch als "sehr vielschichtig", das "viele differenzierte Blickwinkel" aufweise. Der Band beinhaltet auch ein Interview mit Hayali.

Sie sagte, sie wünsche sich, dass manch einer, der auf den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen mitlaufe, mit Hilfe des Buches erkennen könne, wie er etwa durch Netzwerke und das System der sogenannten Querdenker "missbraucht und ausgenutzt" werde.


Josef Schuster / © Paul Zinken (dpa)
Josef Schuster / © Paul Zinken ( dpa )
Quelle:
KNA