"Im arabischen Raum gilt die Gastfreundschaft als etwas Heiliges. Eine Einladung auszuschlagen, ist eine Beleidigung, außer es können schwerwiegende Gründe angeführt werden", sagte Hinder dem Schweizer Portal kath.ch.
Der Schweizer Kapuziner ist Bischof von Arabien, seine Kathedrale steht in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die die jährliche Auszeichnung vergeben.
Habermas hatte den Preis zunächst angenommen. Am Wochenende sprach er dann in einem Schreiben von einer "falschen Entscheidung, die ich hiermit korrigiere". Hintergrund seien die sehr engen Verbindungen der preisverleihenden Institution mit dem "politischen System in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), die er sich "nicht hinreichend klargemacht" habe, so Habermas.
Der mit einer Million VAE-Dirham (ca. 225.000 Euro) dotierte Preis steht unter der Schirmherrschaft des Kronprinzen von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed bin Sultan Al Nahyan. Er geht an Persönlichkeiten, die mit ihrem Werk zur Förderung der arabischen Kultur, zu Toleranz und einem friedlichen Miteinander beigetragen haben. Habermas sollte die Auszeichnung für sein Lebenswerk erhalten.
Ein Affront
Aus Sicht von Bischof Hinder ist die Zurückweisung ein Affront. "Habermas hätte den Preis trotz politischer Bedenken annehmen sollen. Mit der nachträglichen Verweigerung, den Preis anzunehmen, riskiert der Philosoph 'die aufklärende Macht des kritischen Wortes' zu schwächen, das dank Übersetzungen auch in den arabischen Raum hineinwirkt und sogar von Monarchen willkommen geheißen wird", sagte Hinder in Anspielung auf eine Formulierung von Habermas.
Der Bischof gibt zu bedenken: "Wäre es nicht gut, sich im Westen der Rolle aufgeklärter Fürsten in der Geschichte zu erinnern, die zwar undemokratisch regierten, aber der Aufklärung zum Durchbruch verhalfen? Ist Ähnliches nicht auch einzelnen arabischen Fürsten zuzutrauen?"
Die VAE bemühen sich um eine Annäherung an den Westen und arbeiten hierfür auch mit dem Heiligen Stuhl zusammen. Die Reise von Papst Franziskus 2019 nach Abu Dhabi und seine dort zusammen mit dem ägyptischen Gelehrten Ahmed al-Tayyeb unterzeichnete Erklärung zur "Geschwisterlichkeit aller Menschen" gilt als Meilenstein im interreligiösen Dialog.