Normalerweise würden hier sommerlich leicht bekleidete Menschen im Liegestuhl sitzen, ihren Cocktail schlürfen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Am Donnerstag aber ist an diesem luftigen Ort - hoch über den Dächern von Frankfurt - alles anders: Auf dem "City Beach", einer Strand-Lounge auf dem Dach eines Parkhauses in der Innenstadt, wurde am Donnerstag der Beginn des Ökumenischen Kirchentag eingeläutet. Der Gottesdienst auf dem obersten Parkdeck an der Konstablerwache wurde wegen der Corona-Pandemie nur von rund einem Dutzend Mitwirkenden abgehalten und in der ARD live übertragen.
"Wir wollen Ihnen ein Stück vom Himmel nach Hause bringen", sagt die Theologin Sarah Vecera von der Vereinten Evangelischen Mission Wuppertal zu Beginn des Open-Air-Gottesdienstes bei strahlendem Sonnenschein am Fest Christi Himmelfahrt. "Denn ein bisschen Himmel kann wohl jede und jeder von uns gut gebrauchen in diesen Zeiten", so Vecera vor dem Hintergrund der Frankfurter Skyline.
Taize-Prior predigt
Auch Frere Alois, Prior der Gemeinschaft im französischen Taize, steht hier in schwindelerregender Höhe, in der man gut den Turm des Frankfurter Kaiserdoms sieht. "Die Zeit ist da für einen neuen Aufbruch", so Frere Alois. Dies gelte für Gesellschaft und Kirchen. "Missbrauch hat viel Vertrauen zerstört. Heilen ist nur möglich, wenn wir zugeben, was geschehen ist." Strukturveränderungen seien unerlässlich.
Mit Blick auf die Ökumene wirbt der 66-jährige Taize-Leiter für eine geistliche Erneuerung: "Auf keinen Fall dürfen wir uns mit dem Skandal unserer Spaltungen abfinden! Unsere Kirchen können noch nicht alle Glaubensschätze miteinander teilen. Aber Christus ist nicht geteilt. Er ist unsere Einheit."
Doch bei dem Gottesdienst sollen nicht nur Schwierigkeiten benannt werden, sondern auch Hoffnungsgeschichten zu hören sein. So berichtet Sandra Hofmann, Krankenschwester einer Covid-Station in Frankfurt, von ihren Erfahrungen in der Pandemie. Einmal habe sie sich an einem hektische Arbeitstag gefragt, was sie und andere Pflegekräfte dazu bringe, "hier in diesem Wahnsinn durchzuhalten".
Dann habe sie mitbekommen, dass eine Kollegin sich mit Patienten täglich Witze erzähle. "Neben Trübsal und Stress ist eben auch Lachen bei uns an der Tagesordnung", sagt Hofmann. So könne man trotz Abstandsregeln und Schutzmasken für einen kurzen Moment die Einsamkeit durchbrechen.
Julia Piretzis, Online-Seelsorgerin in Frankfurt, berichtet, dass bei manchen Hilfesuchenden, die ihr schrieben, "selbstverletzendes Verhalten" und Suizidgedanken vorkämen. Doch manchmal brauche es "nur ein Wort", um Menschen wieder Mut zu machen. Auch im Netz gelte: "Ich sehe Dich und höre Dir zu, ich gehe ein Stück des Weges mit Dir."
Panne zum Auftakt
Der katholische Präsident des Ökumenischen Kirchentages (ÖKT), Thomas Sternberg, kündigte ein "abwechslungsreiches Programm" an, das "leider Gottes vor allem digital" sei. Ausgerechnet zum Auftakt gab es jedoch eine Panne: Während des Eröffnungsgottesdienstes war wegen technischer Probleme der Zugang zur ÖKT-Homepage "nicht durchgehend gewährleistet", so die Veranstalter.
ÖKT-Pressesprecher Mario Zeißig sagte auf Anfrage, ein Teil der Nutzer habe "gar nicht zugreifen" können, andere hingegen schon, und manche hätten "keine störungsfreie Übertragung" gehabt. Das Problem sei trotz vieler Zugriffe nicht auf eine Überlastung der Website zurückzuführen, widersprach Zeißig Spekulationen in den Sozialen Medien, wo es Anzeichen von Enttäuschung, aber auch ermutigende Worte der Kirchentags-"Community" gab.
Am frühen Nachmittag dann eine hoffnungsvollere Nachricht für die Webgemeinde: "Unsere Server sind aktuell wieder stabiler." Zusätzlich gehe am Donnerstagnachmittag die "leichter abrufbare Webseite www.oekt-live.de online.