"Hassreden, systematische Provokationen und Grenzverletzungen sind als Stilmittel in die Debattenkultur eingesickert", kritisiert Koch in einem Gastbeitrag für die "B.Z." (Donnerstag).
"Hass beginnt bei der Beschimpfung und verbalen Bedrohungen gegenüber denen, die Politik machen oder als Journalistinnen und Journalisten darüber berichten", erklärt der Erzbischof. "Es folgen Angriffe auf Wahlkreisbüros, Veranstaltungsräume, Fahrzeuge oder Privatwohnungen." Körperliche Angriffe bis zu Mordversuchen an Politikern seien "leider nicht mehr nur Einzelfälle". Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor zwei Jahren stelle "den traurigen Höhepunkt dar".
Erzbischof Koch wirbt für frriedliches Ringen um Lösungen
Koch wendet sich dagegen, abweichende Auffassungen nicht nur als falsch, sondern auch als eine krankhafte Fehlbeurteilung der Lage darzustellen. "Damit entbindet man sich selbst von der Verpflichtung oder Last, sich mit der vertretenen Idee auseinanderzusetzen." So sei es kein Wunder, dass Politiker sich aus solchen Gründen aus Ämtern zurückgezogen hätten oder andere, "was viel stiller geschieht", nicht mehr bereit seien, sich für das Gemeinwesen zu engagieren.
"Eine solche Entwicklung bringt unsere gesamte politische Kultur in Gefahr", warnt der Erzbischof des Erzbistums Berlin. Politik lebe vom friedlichen und verbalen Ringen um richtige Lösungen. "Jede und jeder kann dafür etwas tun, das fängt damit an, dass wir andere Meinungen aushalten und uns mit ihnen auseinandersetzen." Das sei zwar unbequem, "aber unvermeidlich für eine ehrliche Auseinandersetzung". Koch äußerte sich anlässlich der Wahlen zum Bundestag und zum Berliner Abgeordnetenhaus am 26. September.