Die Bundestagsabgeordnete Filiz Polat (Grüne) hält den bevorstehenden Start einer eigenständigen Imam-Ausbildung in Osnabrück für ein bedeutendes Signal für die Muslime in Deutschland. "Das Islamkolleg ist ein Meilenstein", sagte die Obfrau der Grünen im Innenausschuss.
"Erstmals gibt es damit in Deutschland eine Imam-Ausbildung in Kooperation mit islamisch-theologischen Instituten, die vom Staat mitfinanziert wird", sagte sie. "Hier geschieht etwas, das vielleicht Modellcharakter für die Imam-Ausbildung in ganz Europa hat», ergänzte sie. Nach ihren Worten sorgt die Gründung des Kollegs international für Aufmerksamkeit.
Grünen-Politikerin lobt Seehofer
Am Islamkolleg sollen Absolventen islamischer Theologie eine praktische Ausbildung erhalten, um danach als Imam oder Imamin in einer Moschee oder außerhalb von Gemeinden als Seelsorger arbeiten zu können. Islamische Theologie kann man in Deutschland schon seit
einigen Jahren studieren. Die praktische Ausbildung ähnlich der von Pfarren und Rabbinern fehlte bislang in Deutschland, weshalb Vorbeter in deutschen Moscheegemeinden oft aus dem Ausland kommen.
"Es ist bemerkenswert, dass diese Bundesregierung mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) das Islamkolleg auf den Weg gebracht hat", sagte Polat und erinnerte an die Äußerung von Seehofer zum Beginn seiner Amtszeit, wonach der Islam nicht zu Deutschland
gehöre. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe ihm den Auftrag gegeben, bei der Imam-Ausbildung voranzukommen. "Dem hat er Taten Folgen lassen und das muss man anerkennen", sagte Polat, die auch migrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist. Das Kolleg wird vom Bundesinnenministerium und vom Land Niedersachsen finanziell gefördert.
Nicht nur Imame werden ausgebildet
Polat sagte, die neue Einrichtung werde zu Beginn Kritik aushalten müssen sowohl von rechtskonservativer als auch von konservativ islamischer Seite, die eine staatlich unterstützte Imam-Ausbildung ablehnten. Nur wenige der großen Islamverbände unterstützen das
Kolleg in Osnabrück, darunter der Zentralrat der Muslime. Der mit der türkischen Religionsbehörde verbundene Verband Ditib, der in Deutschland die meisten Moscheen unterhält, gehört nicht dazu. "Dahinter steckt die Befürchtung, dass sich ein eigenständiges, herkunftsstaatunabhängiges System etablieren könnte, was Ditib nicht entgegenkommt", sagte Polat.
Um die Perspektive der Kollegiaten macht sich Polat dennoch keine Sorgen. Es gebe verbandsunabhängige Gemeinden, die Personal bräuchten. "Ausgebildet werden außerdem nicht nur Imame, sondern auch religiöses Personal wie Seelsorger für Krankenhäuser, Gefängnisse oder die Bundeswehr", erklärte sie. Für die Absolventen gebe es sehr gute Berufsperspektiven.