Warum US-Bischöfe Präsident Biden exkommunizieren wollen

Geht es um Franziskus oder Abtreibung?

Es gibt Bischöfe in den USA, die dem Präsidenten Joe Biden die Kommunion verweigern und ihn am liebsten exkommunizieren wollen. Vielleicht sind sie sogar in der Mehrheit. Was ist da los? Eine Einschätzung des US-Experten Klaus Prömpers.

Joe Biden / © Alex Brandon (dpa)
Joe Biden / © Alex Brandon ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was genau ist das für ein Dokument, um das es da geht?

Klaus Prömpers (leitete die ZDF-Studios in Wien und New York): Die Bischöfe wollen die Eucharistie und deren Bedeutung für den Glauben und den Alltag der Gläubigen stärker wieder ins Bewusstsein der Menschen rücken. Es geht um Grundsätzliches zur Eucharistie, wie man sie täglich in der Zelebrationals Mysterium umsetzen kann. Und auch, was sie bedeutet für das alltägliche Leben.

Es geht auch darum, dass man sich an alle Regeln des Glaubens hält. Und dahinter steckt dann ganz klar die Auseinandersetzung, die es schon lange in der katholischen Kirche der USA und in vielen Ortskirchen gibt: Wie weit darf Abtreibung erlaubt sein? Wie weit darf sie nicht erlaubt sein?

Die Bischöfe stoßen sich sowohl bei Joe Biden, dem Präsidenten, als auch bei der Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, die auch katholisch ist, daran, dass die beiden sagen: "Zwar bin ich persönlich gegen Abtreibung, aber ich will das Recht auf Abtreibung nicht begrenzen."

DOMRADIO.DE: Ist das der einzige Punkt, den die US Bischöfe an Joe Biden kritisieren?

Prömpers: Das ist der Hauptgrund der Mehrheit, die das Papier verabschiedet hat. Es ist auf der anderen Seite eine Minderheit, die ganz klar sagt, man müsse damit sehr sorgsam umgehen. Erst zum zweiten Mal sitzt ein katholischer Präsident im Weißen Haus. Und der ist bei sozialer Gerechtigkeit, beim Kampf gegen Rassismus, bei der Frage der Todesstrafe und bei anderen Fragen sehr auf Seite der Kirche und dem, was Papst Franziskus will und immer wieder predigt.

Die Trennlinie ist im Grunde auch zwischen jener Minderheit in der Bischofskonferenz, die für Franziskus ist, und jenen, die gegen seinen Kurs sind. Zwar sagen sie das nicht so klar, aber es wird deutlich an dem, was sie publizieren.

Bischof Strickland aus Texas hat beispielsweise im Wahlkampf jene Stimmen unterstützt, die gesagt hatten, man könne einen demokratischen Präsidenten Biden nicht wählen, weil er für die Abtreibung ist: "Wer Demokraten wählt, kommt in die Hölle". Das wurde von Strickland in einem Tweet und auf Facebook unterstützt.

Strickland ist ganz klar dafür, Biden zu exkommunizieren. Davon gibt es viele in der Bischofskonferenz. Die Bischofskonferenz ist mehrheitlich republikanisch orientiert. Das trug auch zum Wahlsieg von Trump 2016 bei. Damals wählten 42 Prozent der Katholiken Donald Trump.

DOMRADIO.DE: Aber so einfach exkommunizieren geht auch nicht, oder?

Prömpers: Erstens braucht man für dieses Dokument, das möglicherweise im November verabschiedet werden wird, eine Zweidrittelmehrheit in der Bischofskonferenz. Die ist vielleicht erreichbar, aber sicher ist das  noch nicht.

Zweitens müsste der Vatikan dem zustimmen. Drittens und am Ende entscheidet der Ortsbischof, wen er exkommuniziert und wen er nicht exkommuniziert. Da hat der neue Washingtoner Bischof Gregory Brights, der erste Schwarze im Amt in Washington, D.C., gesagt, er werde ihn nicht exkommunizieren. Das heißt, Joe Biden ist aus der Schusslinie. Biden hat das bereits in einer ersten Stellungnahme am Freitag gesagt. Das wird so nicht geschehen.

DOMRADIO.DE: Aber es wird auch gefordert, Biden und Pelosi die Kommunion zu verweigern. Wie sehen Sie das?

Prömpers: Da spiegelt sich im Grunde auch der Konflikt um die Worte von Papst Franziskus wider. Der hat gesagt, die Kommunion sei keine Sache des Verdienstes und nur für die Herausragenden. Kommunion sei auch für Sünder da. Da meinte einer der Bischöfe ganz deutlich, das sei natürlich ein Problem. Franziskus habe das vielleicht nicht so gemeint. Es wird versucht, dieses Aussage zu relativieren.

Dahinter steckt ganz klar Kritik an Papst Franziskus und seinem Kurs, der sich um alle möglichen Minderheiten in der Welt kümmert: um Arme, um Verstoßene. Das ist in dieser reichen US-Kirche nicht unbedingt die Mehrheitsmeinung.

DOMRADIO.DE: Jetzt soll dieses Dokument "Bedeutung der Eucharistie im Leben der Kirche" erst einmal ausgearbeitet werden. Im Herbst soll dann darüber abgestimmt werden. Was ist da Ihre Prognose?

Prömpers: Es wird sicherlich Versuche geben, Anmerkungen zu machen, die insbesondere den dritten Teil, der die Politiker betreffen könnte, zu relativieren. Ich bin nicht sicher, ob das gelingt. Am Ende steht die Frage, wie verbindlich dieses Dokument sein wird.

Es kann nur dann verbindlich werden, wenn die Glaubenskongregation in Rom zustimmt. Und da kann man Zweifel haben, weil die Glaubenskongregation im Vorfeld dieser Konferenz gewarnt hat, mit Blick auf die Weltkirche müsse man es langsam angehen lassen und dürfe nichts übertreiben.

Das Interview führte Martin Mölder.


Mehr zum Thema