DOMRADIO.DE: Die Kirche brauche unbedingt einen weiblichen Blick, sagt zum Beispiel der Mainzer Seelsorgedezernent Hans Jürgen Dörr. Wie dringend ist die Frauenkommission in der aktuellen Kirchenkrise?
Barbara Wolf (Geschäftsführerin der Frauenkommission im Bistum Mainz): Ich glaube, es ist ein wichtiges und zeitgemäßes Signal, auch in den vielen Umbrüchen dieser latenten Unzufriedenheit und dem latenten Gefühl von Frauen nicht gesehen zu werden, ihnen einfach eine stärkere Stimme zu geben.
DOMRADIO.DE: Die Kommission soll jetzt nicht nur etwas Symbolisches sein. Es soll wirklich um Veränderungen gehen. Was ist hier wichtig, damit das auch gelingt?
Wolf: Es scheint mir wichtig, dass die Kommission gangbare Pakete für sich zusammenstellt. Ganz, ganz viele Themen sind in der Frauenversammlung aufgekommen, aber es wird jetzt darum gehen, einzelne Fragestellungen zu benennen, in denen wir wirklich vorankommen können.
Denn die Frauen haben auch zurückgemeldet: Wenn wir nur diskutieren, wenn das nur wieder ein weiteres Redegremium in der Kirche ist, dann haben wir keine Lust darauf. Wir wollen tatsächlich Schritte gehen und die müssen so gepackt sein, dass sie auch umsetzbar, dass sie auch überprüfbar sind und nicht nur gute Absichtserklärungen.
DOMRADIO.DE: Die Kommission soll in erster Linie Bischof Kohlgraf beraten und Vorschläge machen, wie sich die Beteiligung von Frauen in der Kirche umsetzen lässt. Haben Sie schon Pläne, was zuerst ganz konkret angegangen werden muss?
Wolf: Erst einmal geht es darum, diese Kommission zusammenzubringen. Das ist ja ein Startschuss für das Bistum Mainz, darauf können wir noch nicht zurückblicken. Das heißt, die Kommission wird erst mal gucken müssen: Wo können wir ansetzen? Sie werden sichten müssen, was an Themen da ist.
Und ich denke, sie werden an den Fragen der Umordnung - wir haben hier einen größeren Bistumsprozess mit dem pastoralen Weg im Bistum Mainz - da nochmal zu gucken: Wo ist es notwendig, auch aus der Frauenperspektive nachzuschärfen? Und wenn jetzt Veränderungen festgezurrt werden, auch dazwischen zu gehen und zu sagen: Moment, dann lass uns das so oder so machen.
DOMRADIO.DE: Zwölf Frauen wurden in die Kommission gewählt. Wie groß sind die Motivation und der Wunsch, endlich etwas zu verändern?
Wolf: Die Motivation fand ich überragend. Wir sind ja in ein digitales Format gegangen, weil uns die Corona-Pandemie es nicht ermöglicht hat, in einem kleineren Rahmen wirklich präsent zusammenzukommen. Und es hat uns total überrascht, dass wir über 260 Rückmeldungen und Anmeldungen zu dieser Versammlung hatten. Die Frauen haben in einem Feld angeben können, was ihnen wichtig ist, und wir haben Unmengen an sehr persönlichen Rückmeldungen gekriegt.
Die Motivation, wirklich etwas zu verändern, etwas zu tun, ist sehr hoch. 33 Frauen haben kandidiert für diese zwölf Sitze in der Frauenkommission und noch viel mehr hatten in der ersten Runde gesagt: Ich kann mir vorstellen zu kandidieren und haben es dann nicht umgesetzt, weil sie viele, viele andere Dinge zu tun haben. Das ist auch eine Erfahrung.
Die Frauen, die sich hier engagieren, kommen aus dem Engagement - in Kirche oder außerhalb von Kirche- und sie sind sehr motiviert, diesen einen Schritt jetzt auch nochmal zu gehen und zu prüfen: Können wir hier weiterkommen oder nicht? Denn das ist auch ein Scheideweg. Wenn sich nichts tut, werden sie auch wieder weg sein.
DOMRADIO.DE: Bischof Kohlgraf sieht die Kommission als wichtigen Schritt für den Synodalen Weg. Inwiefern hoffen Sie denn, dass Sie als Kommission noch andere Bistümer inspirieren könnten?
Wolf: Andere Bistümer sind ja schon auch auf dem Weg in Frauenkommissionen. Das gibt es ja schon lange. Vielleicht nehmen sie diesen neuen Schwung auch nochmal neu auf. Denn es ist manchmal ein bisschen Abrieb im Getriebe, wenn Kommissionen schon länger beraten.
Vielleicht werden sie nochmal anders wahrgenommen, weil hier neuer Aufbruch geschieht. Insofern, glaube ich, ist es wichtig, einzelne Mosaiksteine zu setzen in diesen ganzen Veränderungen, in den Synodalen Weg, in unseren pastoralen Weg, um zu sagen: Wenn wir das nicht sichtbar machen, dann werden wir diese Perspektive auch nicht einnehmen.
Das Interview führte Julia Reck.