DOMRADIO.DE: Was haben Sie selbst und Ihre Gemeinde von den Bränden mitbekommen?
Aris Liakopoulos (Pfarrgemeinderatsmitglied der deutschsprachigen katholischen Gemeinde St. Michael in Athen): Die Brände haben ja schon am 27. Juli hier angefangen mit einem ersten Waldbrand im nördlichen Stadtteil von Dionysos. Was ganz in der Nähe von unserem Wohnsitz ist. Bis auf 100 Meter kamen die Flammen. Es ist auch in unsere Nachbarschaft hinein gedrungen. Das war eine ganz schlimme Zeit. Das war auch die erste Zeit, wo wir und unsere Familien evakuiert wurden. Wir mussten die Häuser verlassen.
Und eine Woche später ging dann der große Waldbrand los. Das war sozusagen der Auftakt. Und das war natürlich verheerend. Das ging im ganzen Norden von Atikka, von Athen, um. Durch sämtliche Vorstadtregionen, aufgrund der Hitzewelle, die wir hier haben. Wir haben hier teilweise 47, 48 Grad gehabt tagsüber. Eine sehr trockene Zeit. Das hat das natürlich alles noch verstärkt.
DOMRADIO.DE: Wenn Sie sagen, Sie sind evakuiert worden, wie gut oder nicht gut hat das funktioniert, auch in der Zusammenarbeit mit den Behörden? Wie gut haben Sie sich gewarnt und aufgehoben gefühlt?
Liakopoulos: Also da muss man sagen, ist in den letzten zwei, drei Jahren viel passiert. Es gibt eine Hotline, die mittlerweile alle Telefone, alle Handys erreicht. Das ist die 112. Also zwei Stunden, bevor das Feuer wirklich vor der Haustür stünde, bekommt man die erste Warnung. Das heißt: Häuser schließen, Fenster, Türen, Kamine. Und wenn es dann leider nochmal klingelt - eine Stunde, bevor das Feuer dann in die Gegend kommt - muss man das Haus verlassen.
Das hat eigentlich ganz gut geklappt. Ein großer Aufwand war es natürlich. Polizei, Feuerwehr, viele Freiwillige, viele Institutionen, die da miteinander kooperiert haben. Ich muss sagen, wir haben uns, was das angeht, eigentlich sehr sicher gefühlt. Das ist auch das erste Mal, dass das wirklich so genutzt wurde. Gott sei Dank ist alles gut gegangen.
DOMRADIO.DE: Bei uns hat es viel Kritik am Krisenmanagement gegeben, als das Wasser bei der Flut im Westen kam. Ist das in Griechenland ähnlich oder ist das, weil man der Regierung vertraut, in diesem Krisenmanagement anders gelagert?
Liakopoulos: Das ist nicht so ganz einfach. Einerseits hatten wir hier vor drei Jahren eine große menschliche Brandkatastrophe in Mati, das ist östlich von Athen, ein Vorort bei Marathon. Da hatten wir über 100 Tote. Das war auch mit eine Ursache, dass man hier sehr stark in die Richtung gearbeitet hat, dass es keine menschlichen Opfer mehr gibt. Und das haben sie eigentlich - kann man sagen - geschafft. Die Kommunikation hat gut funktioniert. Da hat man sich beruhigt gefühlt.
Wenn man evakuiert wird oder evakuiert werden soll und die Polizei und Ordnungskräfte hier durchgreifen, ist das natürlich nicht schön. Da ist natürlich auch viel Kritik gewesen. Man will ja sein Haus nicht alleine lassen. Wenn das Feuer kommt, kann man allerdings auch nicht mehr viel machen.
DOMRADIO.DE: Wie lief das denn innerhalb der deutschen Gemeinde St. Michael? Hat man sich da gegenseitig unterstützt?
Liakopoulos: In der Gemeinde gibt es eine rege Kommunikation unter den Gemeindemitgliedern und es gibt unterschiedliche Gruppen. Man hilft sich, man trifft sich vor allen Dingen auch sonntags nach der Messe zum Kaffee. Man spricht sich ab und tauscht sich aus. Gott sei Dank: Bisher haben wir von keinen besonderen oder größeren Opfern gehört. Sicherlich gab es bei dem einen oder anderen, der dann halt in diesen Nord-Stadtteilen war, vielleicht mal den einen oder anderen abgebrannten Baum oder auch ein Grundstück nebenan.
Meistens sind es ja dann weniger die Häuser, die natürlich auch teilweise abgebrannt sind. Aber das sind dann doch mehr die freien Flächen, die Waldflächen, die freien Grundstücke. Bisher haben wir da aber keine großen Schwierigkeiten mitbekommen.
DOMRADIO.DE: Wie steht es aktuell mit den Feuern in der Nähe von Athen? Sind die Brände dort langsam unter Kontrolle?
Liakopoulos: Ja, in einem Halbkreis um Athen ist es so weit gelöscht. Man ist natürlich sehr besorgt. Es gibt immer noch Wald. Es ist immer noch sehr trocken, wir warten hier seit zweieinhalb Monaten auf Regen. Jetzt hat es letzte Nacht ein bisschen getröpfelt. Soweit sind die Feuer unter Kontrolle. Also es scheint ruhig zu sein. Andererseits ist es an anderen Stellen leider noch nicht so.
DOMRADIO.DE: Man hört immer wieder, dass es Brandstiftungen gegeben habe. Warum zünden Menschen in Trockenphasen Häuser oder Wälder an?
Liakopoulos: Das ist eine ganz interessante Frage. Viele Trittbrettfahrer, würde ich sagen. Wir haben auch das Problem, dass man natürlich die jetzige Politik schlecht darstellen lassen will. Das ist auch immer wieder der Fall, dass man da nochmal weiter schürt. Irgendwelche extremen Gruppen, die sich dann nochmal organisieren und dann nochmal immer einen draufsetzen wollen. Auch jetzt in diesem Fall hatte man wohl auch wieder einige erwischt. Gott sei Dank. Aber das ist leider ein Phänomen, das man nicht ganz aus der Welt kriegt.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.