Goldrausch am Klondike vor 125 Jahren

Unter Glücksrittern und Geschäftemachern

Stampede: Wie eine Horde wildgewordener Büffel fielen Ende des 19. Jahrhunderts Tausende Goldsucher in das Yukon-Gebiet an der Grenze zwischen Kanada und Alaska ein. Für ihren Traum von Reichtum gingen sie über Leichen.

Autor/in:
Joachim Heinz
Goldkörner liegen in einer Schale / © optimarc (shutterstock)
Goldkörner liegen in einer Schale / © optimarc ( shutterstock )

Bei Abenteuerhungrigen und Freunden des Kuriosen hat der Klondike in Kanada noch heute einen magischen Klang. Am Nebenfluss des mächtigen Yukon reifte Jack London Ende des 19. Jahrhunderts zum erfolgreichsten Schriftsteller seiner Zeit.

Donald Trumps Großvater Friedrich legte mit dem "New Arctic", einem Hotel und Restaurant, den Grundstein für sein Vermögen. Tausende andere Männer und auch einige Frauen folgten dem Ruf der Wildnis - und dem des Goldes.

Carmack steckt seinen ersten Claim ab

Eher unspektakulär, mit Stift und Strick, begann der legendäre Run auf das Edelmetall. Vor 125 Jahren steckte George Washington Carmack seinen ersten Claim in der abgelegenen Gegend in Kanada ab.

"Wen auch immer es betrifft: Heute grenze ich ein und beanspruche mit Recht des Entdeckers fünfhundert Fuß flussaufwärts von dieser Bekanntmachung. Festgehalten an diesem 17. Tag des August 1896", kritzelte Carmack auf eine Kerbe, die er mit seiner Axt in einen Fichtenstamm gehauen hatte. Anschließend spannte er ein Seil entlang des von ihm bezeichneten Territoriums.

Geschichtetes Gold entdeckt

Dem US-Amerikaner und seinen beiden indigenen Begleitern vom Stamm der Tagish, Skookum Jim und dessen Neffe Charlie, bot sich am Bonanza Creek, einem Zufluss zum Klondike, ein schier unglaublicher Anblick. "Zwischen den Felsplatten war so viel Gold geschichtet, dass er dachte, sie sähen aus wie Käsesandwiches", schreibt Brian Castner in seinem Buch "Stampede. Gold fever and disaster in the Klondike".

Anfangs verbreitete sich die Kunde von dem Sensationsfund nur zögerlich. Zwar waren zu jener Zeit schätzungsweise 1.000 Goldsucher in der Yukon-Region unterwegs, doch die verteilten sich auf einem riesigen und schwer zugänglichen Terrain. Als erstes erfuhren die Einwohner der kleinen Siedlung Fortymile von dem sagenhaften Fund. Fast alle zogen daraufhin Richtung Bonanza Creek: zerlumpte Glücksritter, das Ehepaar Clarence und Ethel Berry, selbst der örtliche Seelsorger, Jesuitenpater Judge. Bis zum 20. November waren bereits 338 Claims abgesteckt.

Ehepaar Berry: Gold im Gegenwert von fast vier Millionen US-Dollar

Doch das sollte nur ein Vorgeschmack sein auf das, was dann kam. Im Sommer 1897 landeten die ersten beiden Schiffe mit Gold vom Klondike in den USA. Das Ehepaar Berry befand sich an Bord der "Portland", die am 17. Juli im Hafen von Seattle anlegte. Sie hatten die größte Ausbeute gemacht: Gold im Gegenwert von fast vier Millionen US-Dollar nach heutigen Maßstäben. Ohne die Hilfe seiner Frau hätte er das alles nicht geschafft, bekannte Clarence gegenüber Zeitungsreportern. Ethel wurde zur "Bride of Klondike" ("Braut des Klondike") geadelt. Die Berichte in den Massenmedien setzten die Massen in Gang.

Es wurde eng am Lynn Canal, einer fjordähnlichen Bucht in Alaska, an deren Ende sich die beiden Orte Dyea und Skagway befanden. Von dort aus führten die beiden wichtigsten Routen zum Bonanza Creek: über den Chilkoot- und den White-Pass. Anschließend ging es rund 1.000 Kilometer landeinwärts, über Stock und Stein, durch Seen und Sümpfe, Matsch und Eis. Bald schon säumten Pferdeskelette und Leichen den Weg.

Die Folgen des Goldrauschs

Die noch längeren Alternativrouten einmal quer durch Kanada waren nicht weniger mörderisch. Man fand verhungerte Goldgräber vor einem Kochtopf mit gefrorenen Mokassins. Ein anderer notierte, bevor er sich die Kugel gab: "Die Hölle kann nicht schlimmer sein als das hier. Ich denke, ich wage einen Versuch." An den Ausgangs- und Endpunkten der Reisewege tobte dagegen das wilde Leben. Bordelle, Saloons und Warenhäuser schossen wie Pilze aus der Erde.

Auf den Straßen boten Träger, meist Angehörige der First Nations, ihre Dienste an. Manch einer profitierte von dem Goldrausch mehr als die meisten Schürfer. Doch oft überwogen die negativen Auswirkungen. Die Neuankömmlinge schleppten Krankheiten ein, zerstörten die Natur und die traditionelle Lebensweise vieler Stämme - obwohl der ganz große Andrang schon Ende 1898 wieder abflaute.

Während der Goldrausch viele Existenzen vernichtete, belebten die Funde vom Klondike die Weltwirtschaft. Die Erinnerungen an das Geschehen sind bis heute lebendig. Dafür stehen Charlie Chaplins Stummfilm "Gold Rush" von 1925 ebenso wie die Comics von Walt Disney, in denen Dagobert Duck sein Glück am Klondike macht.


Quelle:
KNA