Das sagte die erste Vorsitzende von Solwodi Deutschland, Maria Becker, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die seit 1987 in Deutschland aktive internationale Organisation Solwodi "Solidarity with women in distress" ("Solidarität mit Frauen in Not") unterhält bundesweit 19 Fachberatungsstellen und sieben Schutzeinrichtungen für Frauen und Kinder in Not.
Die Fachberatungsstellen haben den Angaben zufolge im vergangenen Jahr insgesamt 2.000 Frauen aus 100 Nationen, davon knapp 80 Afghaninnen, beraten. Afghaninnen machten damit «eine relativ große Gruppe» aus, erklärte die erste Vorsitzende. Probleme der Frauen sei etwa "Ehrgewalt".
Forderung nach mehr Frauenhäusern
Vor allem Frauen, die sich hier in Deutschland sozialisiert hätten, fühlten sich von ihrer Familie bedroht. Hinzu komme häusliche Gewalt. Beides gehe oft Hand in Hand. Von den Ländern forderte Decker stärkere Unterstützung bei der Einrichtung zusätzlicher Frauenhäuser.
Diese seien jetzt bereits überlaufen, da der Andrang nach Lockerung der Corona-Maßnahmen riesig sei. Zudem müsse das Auswärtige Amt auf die Taliban Druck ausüben, die Menschen- und damit die Frauenrechte in Afghanistan zu achten.
"So hilflos ist der Westen gar nicht"
"So hilflos ist der Westen gar nicht", sagte Decker. So lägen etwa die Währungsreserven des Landes in der Schweiz und den USA. Die Lage in Afghanistan sei im Moment schwierig zu beurteilen, weil es widersprüchliche Meldungen aus dem Land gebe.
Zum einen beteuerten die Taliban, dass sie die Rechte von Frauen achten würden. Zum anderen gebe es aus Landesteilen, die schon länger von den Taliban beherrscht würden, Meldungen, nach denen Frauen am Besuch von Schulen und Arbeitsstätten gehindert worden seien.
"Ich befürchte, dass die Einschränkungen zunehmen werden", sagte Decker. Schwer zu sagen sei, wie vielen Familien die Flucht überhaupt gelänge und wie viele davon bis Deutschland kämen. Die Route sei noch deutlich weiter und gefährlicher als sie etwa für Syrer 2015 gewesen sei, betonte die 56-jährige Wirtschaftsinformatikerin.
Die Zahl von fünf Millionen, mit denen jetzt operiert werde, halte sie für übertrieben.