Franziskus besucht in der Slowakei auch die Ränder

"Zu einem Miteinander in Solidarität anstiften"

Natürlich wird der Papst bei seinem Besuch in der Slowakei die Verantwortlichen aus Kirche und Politik treffen. Es stehen aber auch Begegnungen mit Menschen vom Rand der Gesellschaft auf dem Programm. Und er soll innerkirchlich die Einheit stärken.

Die slowakische Hauptstadt Bratislava / © ArdoPics (shutterstock)
Die slowakische Hauptstadt Bratislava / © ArdoPics ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie waren im Vorfeld der Papst-Reise (12. bis 15. Septembe) in der Slowakei. Ist das Land schon in Papst-Stimmung und freut sich auf Franziskus?

Thomas Schumann (Osteuropa-Hilfswerk Renovabis): Ja, das kann man wirklich sagen. Die Leute in der Slowakei sind in freudiger Erwartung. Überall wird eifrig renoviert, werden Straßen, über die der Papst kommen mag, neu asphaltiert.

Es gibt Groß-Transparente an den Stadteingängen, Willkommensplakate, zum Beispiel an einem Stück der Stadtmauer bei der Domkirche Sankt Martin in Bratislava oder auch in Schaukästen an Kirchen. 

DOMRADIO.DE: Welchen Anteil hat denn die katholische Kirche überhaupt an der Gesellschaft in der Slowakei?

Schumann: Von den 7,5 Millionen Einwohnern sind doch drei Viertel katholisch; 230 000 davon sind griechisch-katholisch, feiern also nach dem byzantinischen Ritus ihren Gottesdienst. Die Katholiken sind schon eine dominante Gruppe in der Gesellschaft und auch von Relevanz.

DOMRADIO.DE: Gibt es so etwas wie eine Land-Stadt-Spaltung?

Schumann: Spaltung ist vielleicht ein bisschen hart gesagt, aber Sie haben schon recht: Es gibt tatsächlich eher in den ländlichen Gebieten einen traditionellen Glauben, der mehr oder weniger intakt ist, der das Bild einer heilen kirchlichen Welt verzeichnen mag und "Volkskirche" genannt werden könnte.

Aber in der Hauptstadt Bratislava und in den anderen zwei Großstädten kritisieren Regionssoziologen, dass es dort tatsächlich so etwas wie eine Entfremdung der Kirche von aktuellen Strömungen gibt, weil da wachsende Gruppen existieren, die dem Westen zugeneigter sind und sich vom Mainstream der Konservativen separieren. Und diese Gruppen sollten doch auch mitgenommen werden, heißt es. Und da müsste die Kirche für die Zukunft noch einen Weg finden.

DOMRADIO.DE: Was verspricht sich denn die katholische Kirche in der Slowakei von diesem Papstbesuch? Vielleicht auch neue Impulse?

Schumann: Ja, es geht eigentlich dem Heiligen Vater und der Bischofskonferenz um das Ringen um die eigene Identität mit der modernen Welt. Sie möchten eigentlich so etwas wie einen slowakischen Weg suchen. Und sie wollen auch das Leid und die Schuldhaftigkeit der Kirche zum Beispiel bei den Missbrauchsfällen, die es auch in der Slowakei gibt, aufarbeiten. Und es geht auch darum, einen Klerikalismus zu bekämpfen.

Außerdem geht es auch darum, einfach ins Gespräch untereinander zu kommen - etwa mit den engagierten Laien, etwa dem Forum christlicher Initiativen. Die nennen sich selbst das "Kleine Zentralkomitee" und vergleichen sich mit den Katholiken in Deutschland. Es geht darum, einen Selbstfindungsprozess und ein wirkliches Miteinander in Solidarität anzustiften und fortzusetzen.

DOMRADIO.DE: Vielleicht werden auch die Roma mit dem Papst in Kontakt kommen, ins Gespräch kommen, denn der besucht eine Roma-Siedlung. Was ist das für eine Siedlung, wo er dort hinkommen wird?

Schumann: Er geht in der Nähe von Košice einmal mehr an die Ränder, so wie es Papst Franziskus immer wichtig ist. Lunik 9 heißt dieses Gebiet, eine Plattenbausiedlung, wo etwa 5000 Roma-Familien oder Roma leben. Und das sind bitterarme Umstände und Zustände, in die der Heilige Vater dort gehen will.

Entscheidend ist aber, dass man dorthin Bildung getragen hat und dass dort seit mehr 20 Jahren der Salesianer-Orden wirklich gut arbeitet und wirkt und den Roma schon eine Perspektive versucht darzulegen und sie mitzunehmen. Und gelegentlich gelingt da auch das ein oder andere

DOMRADIO.DE: Und auch Sie als katholisches Ost-Europa Hilfswerk Renovabis finanzieren und fördern Bildungsarbeit in der Slowakei?

Schumann: Bildungsarbeit steht ganz vorne auf der Agenda, aber auch die Unterstützung von Laien-Organisationen, von Nicht-Regierungsorganisationen, die dort auch das Bild der Kirche prägen können und Kirche und Gesellschaft zusammenbringen können.

DOMRADIO.DE: Und Sie, Herr Schumann, werden auch beim Papstbesuch mit dabei sein.

Schumann: Ja, ich freue mich darauf, mit unserem neuen Hauptgeschäftsführer von Renovabis, Thomas Schwarz, in zwei Wochen mit dabei zu sein!

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR
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