DOMRADIO.DE: Ihr Account heißt "Seligkeitsdinge_". Was kann man sich denn darunter vorstellen, was sind denn diese Dinge der Seligkeit?
Pfarrerin Josephine Teske (evangelische Pastorin in Büdelsdorf, Schleswig-Holstein): Alles Dinge, die im Alltag passieren oder mir begegnen und dich ich teile - Momente, Menschen, Begegnungen. Auch das, was nicht so schön ist, aber dann sich im Nachhinein einfach vielleicht als ganz wertvoll herausstellt.
Zum Beispiel ein Taufgespräch, das ganz lange nicht stattfinden durfte. Es hat immer ganz viele Komplikationen gegeben und dann sollte die ganze Taufe abgesagt werden. Das war sehr belastend. Doch nun feiern wir ein ganz großes, schönes Fest, ganz spontan. Und das ist so was Tolles, so ein Seligkeitsding.
DOMRADIO.DE: Sie zeigen auf Instagram viel, was mit Kirche oder Glauben zu tun hat. Aber Sie nehmen Ihre Follower eben auch mit in nicht so schöne Zeiten. Sie sprechen zum Beispiel offen über ihre Fehlgeburt oder über das Gefühl, überfordert zu sein, nicht mehr weiter zu wissen. Wie geht man solche schweren Themen auf Instagram an? Das ist ja eher eine schnelllebige Plattform.
Teske: Das stimmt, aber es ist eben auch eine Plattform, auf der man eine Community schaffen kann. Also die Menschen, die mir folgen, die haben das Gefühl, sie kennen mich. Und ich glaube, die kennen mich auch schon ganz gut. Aber natürlich längst nicht alles von mir. Und dafür ist die Plattform einfach total gut.
Wir erreichen Menschen auf Instagram, die wir sonst als Kirchen nicht erreichen würden. Und da dann einfach solche Themen anzusprechen, die natürlich sehr persönlich sind oder auch privat - und dann zu zeigen: So gehe ich als Christ dann damit um, da hilft mir mein Glaube. Das ist eben ein ganz großer Schatz.
DOMRADIO.DE: Und wie stehen Sie mit Ihren Followern im Austausch?
Teske: Einmal unter den Posts, also unter den Texten, die ich schreibe, natürlich. Und dann ist so ein ganz reger Austausch in den direkten Nachrichten, die an mich geschrieben werden. Da habe ich jeden Tag hunderte Nachrichten. Und da ist das manchmal nur was ganz Kurzes. Eine ganz kurze Begegnung, wie in der Gemeinde zwischen Tür und Angel, ein kurzes Moin oder Hallo, wie geht dir? Oder da sind dann eben auch Seelsorgegespräche tatsächlich.
DOMRADIO.DE: Sie zeigen auch ganz verschiedene Fotos, auf denen sie z.B. in Sportklamotten zu sehen sind oder beim Basteln mit Ihren Kindern, aber auch sehr persönliche Aufnahmen z.B. Ihr Bauch nach Ihren Schwangerschaften. Was erhoffen Sie sich denn davon solche "Tabuthemen" öffentlich als Frau und auch als Pfarrerin anzusprechen?
Teske: Als Frau einmal, weil ich weiß, dass es gesellschaftliche Themen sind, die ich auch nur aufgreife, die ja im Raum stehen und ich als Pastorin sozusagen als Vertreterin der Kirche zeige, hey, guckt, wir als Kirche haben diese Themen auch auf dem Schirm. Wir haben Frauen im Blick, die in unserer Gemeinde sind. Wir wissen, was die ungefähr für Lebensthemen haben.
Am Anfang, als ich damit angefangen habe, wollte ich auch mit ganz vielen Klischees und mit Vorurteilen aufbrechen, die mir als Pfarrerin begegnen. Also zum Beispiel, dass bei Pfarrern in der Familie immer alles gut ist und alles glatt läuft. Und dass die Kinder von Pfarrerinnen und Pfarrern alle ganz wohlerzogen sind und so weiter. Und das stimmt ja alles nicht, das wissen wir ja, wir sind ja auch nur normale Menschen.
Und dann wollte ich eben auch sensibilisieren dafür innerhalb der Kirche. Guckt, ich bin Pfarrerin. Von uns gibt es viele, und wir sind mit diesen Themen beschäftigt. Wir haben andere Themen als unsere männlichen Kollegen. Und bitte seht das auch.
DOMRADIO.DE: Gibt es Leute, die Ihren Account gar nicht gut finden und das, was sie da machen? Und wie gehen Sie damit um?
Teske: Ich muss sagen, zum Großteil nein, sowas begegnet mir ganz selten. Und wenn es mir begegnet, dann in Wellen. Und dann sind das meistens andere Christinnen und Christen, tatsächlich, die mir dann schreiben, dass ich keine Christin sei, dass ich der Teufel sei und meine Gemeinde direkt in die Hölle führe. Und dass ich nicht glauben würde. So Hass-Nachrichten oder Hetz-Nachrichten bekomme ich wirklich tatsächlich so in Wellen.
Am Anfang habe ich mir ganz viele Gedanken darum gemacht. Da habe ich wirklich auch an mir gezweifelt. Das hat mich tief getroffen und da haben die Nachrichten im Prinzip ja das erreicht, was sie wollten. Aber mittlerweile, wenn ich schon zu Beginn merke, aha, da könnte das hinführen, das würde die Person sagen, dann lese ich die Nachricht ehrlich gesagt nicht mehr zu Ende und lösche das einfach. Das ist eine Art Seelen-Hygiene für mich.
DOMRADIO.DE: Meinen Sie, dass die sozialen Medien auch ein guter Weg sind, den Glauben im Leben der Menschen wirklich präsent werden zu lassen? Oder kann man nicht auch einfach sagen, gut, dann übertragen wir halt einfach Gottesdienste im Internet und das reicht dann.
Teske: Das reicht auf gar keinen Fall. Denn wir sagen doch als Kirchen immer, wir wollen da sein, wo die Menschen sind und die sind ja auf den sozialen Plattformen. Ich kann von meinen Followern sagen, das sind Menschen, die irgendwie glauben und die den Kirchen verbunden sind.
Aber es sind so viele Menschen, die gar nichts mit Kirche am Hut haben oder die auch einen tiefen Schmerz mal in Kirche erlebt haben und eigentlich damit gebrochen haben und viele Suchende. Und die können sozusagen von ihrem Bildschirm zuhause aus ganz sicherem Abstand mich beobachten und meine Arbeit und sehen, in meinem Alltag kann auch da Glaube eine Rolle spielen. Da könnte Gott mir begegnen oder sie lernen, einfach Glauben zu leben.
Und das können die alles in einem ganz geschützten Rahmen, ohne dass die sich schon einer Gemeinde vielleicht verbunden fühlen oder auf YouTube auf die Suche gehen müssen, wo sie einen guten und einen ansprechenden Gottesdienst für sich finden.
DOMRADIO.DE: Was können denn die christlichen Kirchen vielleicht von ihrem Account lernen?
Teske: Ich glaube tatsächlich, die Lebensthemen und die gesellschaftlichen Themen, die eben gerade relevant sind, schneller aufzugreifen. Klar, wir haben ja als Kirchen Standpunkte zu den ganz großen gesellschaftlichen Themen. Aber es gibt eben so viel, was die Menschen noch beschäftigt.
Das kann man alles auf Social Media verfolgen und nachlesen. Und ich glaube, auf einem Instagram-Account kann man dann auch ganz schnell reagieren. Und ich als Vertreterin der Kirche sozusagen spreche dann dafür. Ich glaube, das können wir als Kirchen, vielleicht als Institution da auch lernen.
DOMRADIO.DE: Auf Instagram sind viele Jugendliche und viele junge Erwachsene unterwegs. Wo ist da vielleicht nochmal eine Chance, auch mit so einem Account wie Ihrem, junge Menschen abzuholen?
Teske: Vielleicht so, wie ich es vorhin schon gesagt habe. Indem ich zeige, dass ich ein völlig normaler Mensch bin und eine Frau, die dieselben Themen hat wie alle anderen und die gerne Musik hört, die gerne Sport macht. Da zeigt sich einfach, dass Kirche auch modern ist, und diesen Vorurteilen begegnen wir ja oft, dass Kirche eben altbacken ist und konservativ und eben gar nicht irgendwie der Zeit entspricht und die Menschen so mit ihren Themen im Blick hat.
Das Interview führte Hannah Krewer.