Kulturkampf

Das Pontifikat Papst Pius des IX. dauerte von 1846 bis 1878 an und prägte die katholische Kirche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts maßgeblich. (KNA)
Das Pontifikat Papst Pius des IX. dauerte von 1846 bis 1878 an und prägte die katholische Kirche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts maßgeblich. / ( KNA )

Als Kulturkampf wird in Deutschland der Konflikt zwischen dem Königreich Preußen bzw. später dem Deutschen Kaiserreich unter Reichskanzler Otto von Bismarck und der katholischen Kirche unter Papst Pius IX. bezeichnet. Diese Auseinandersetzungen eskalierten ab 1871; sie wurden bis 1878 beendet und 1887 diplomatisch beigelegt.

Der badische und der bayerische Kulturkampf fanden zeitlich vor dem preußischen statt. Sie werden im traditionellen Geschichtsverständnis als Vorläufer des "eigentlichen" Konflikts zwischen Preußen beziehungsweise dem Reich und der katholischen Kirche verstanden; in der jüngeren Geschichtsschreibung werden sie eher als Beleg für den überregionalen Charakter der deutschen Kulturkämpfe gesehen. In einem größeren Kontext wird mit "Kulturkampf" auch ein europäisches Phänomen bezeichnet. Es kam in mehreren Staaten des Kontinents zu ähnlichen Entwicklungen. Eine gewisse Vorreiterrolle hatte dabei die Schweiz.

Grundsätzlich ging es um einen Versuch der Neuordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche. Beim Kulturkampf prallten die Vertreter zweier konkurrierender Weltanschauungen – konservativ und liberal – aufeinander. Von staatlicher Seite erstrebte man die Durchsetzung einer liberalen Politik, die eine Trennung von Kirche und Staat vorsah und sich zum Beispiel für die Einführung der Zivilehe einsetzte. Religiöse Kräfte, die überwiegend der katholischen Kirche angehörten, stemmten sich dagegen; sie setzten sich für den Einfluss des Religiösen in Öffentlichkeit und Politik sowie einen Primat von Kirche und Religion über Staat und Wissenschaft ein.

Politisch ging es in Deutschland in erster Linie um die Macht und den Einfluss der organisierten katholischen Minderheit. Auch die protestantischen Kirchen waren vom Kulturkampf betroffen; sie standen aber nicht im Zentrum der Auseinandersetzung. Sie lassen sich auch nicht eindeutig einem Lager zurechnen, weil Maßnahmen gegen die katholischen "Konkurrenten" durchaus auch in ihrem Sinne waren. Otto von Bismarck ging mit scharfen Mitteln gegen die katholische Geistlichkeit vor; dafür wurde er schließlich sogar von Protestanten und Liberalen kritisiert. Ab 1878 kam es wieder zu einer Annäherung zwischen Staat und katholischer Kirche.