Mit Synagogengottesdiensten und Gebeten haben Juden in aller Welt der Zerstörung des Jerusalemer Tempels gedacht. An der Klagemauer, der westlichen Stützmauer des Tempelareals, versammelten sich zum Gebets- und Fasttag Tischa B'Av hunderte religiöse Juden zu Gebeten. Zahlreiche Juden, unter ihnen viele Siedler, stiegen eskortiert durch die israelische Polizei auf den von der islamischen Wakf-Behörde verwalteten Tempelberg mit der Al-Aksa-Moschee und dem Felsendom.
Der Gebetstag Tischa B'Av, der in diesem Jahr auf den 1. August fällt, erinnert an die Zerstörung des von Salomon erbauten ersten Tempels im Jahr 586 vor Christus durch die Babylonier. Zudem wird der Zerstörung des Herodianischen Tempels im Jahr 70 nach Christus durch den römischen Feldherrn Titus gedacht.
Zwar hatte das Jerusalemer Oberrabbinat religiösen Juden in der Vergangenheit das Betreten des Tempelbergs untersagt, damit sie nicht versehentlich auf die Stelle des einstigen Allerheiligsten treten. Diese Vorschrift wird aber immer weniger beachtet, insbesondere nicht von nationalreligiösen Gruppen und solchen, die anstelle oder neben dem Felsendom wieder einen jüdischen Tempel errichten wollen. Nach den Bestimmungen der Wakf-Behörde dürfen Nicht-Muslime den Tempelberg zu bestimmten Stunden über einen besonderen Eingang betreten, aber keine Gebete oder Gottesdienste abhalten.
Um die islamische Souveränität über den Tempelberg war es in den vergangenen Wochen zu erheblichen Spannungen und Ausschreitung zwischen Israel und palästinensischen Muslimen gekommen. Die Ruhe war erst wieder eingekehrt, als Israel die errichteten Metalldetektoren und Polizeikameras wieder abgebaut hatte. Die Muslime hatten in den Maßnahmen Schritte zu einer Judaisierung der Jerusalemer Altstadt gesehen.
Israel hatte nach der Eroberung von Ost-Jerusalem die Hoheit der islamischen Wakf-Behörde über den Tempelberg anerkannt. Schutzherr dieses drittwichtigsten islamischen Heiligtums ist das jordanische Königshaus. (KNA, 01.08.2017)