Das Offizialat ist das in der katholischen Rechtsordnung für jedes Bistum vorgeschriebene Gericht, das über Klagen nach kanonischem Recht entscheidet.
Der Begriff Offizialat meinte ursprünglich einen Amtsbereich; heute steht er in aller Regel für das Gericht eines katholischen Bistums. In einigen deutschsprachigen Gebieten wird das bischöfliche Gericht auch Konsistorium genannt.
Das Offizialat mit seinen Mitarbeitern wird geleitet vom Offizial. Dieser ist der Gerichtsvikar des Bischofs, das heißt er leitet stellvertretend für den Bischof dessen Gerichtsbarkeit.
Die Aufgaben des Offizialats umfassen wegen anderweitiger Möglichkeiten des Rechtsschutzes einen eher begrenzten Bereich. Die hier geführten Verfahren sind fast ausschließlich eherechtlicher Art, um den kirchlichen Personenstand zu klären.
Die kirchliche Gerichtsbarkeit dient dem Rechtsschutz innerhalb der Kirche - in Deutschland entsprechend dem Grundgesetz, das ein Selbstbestimmungsrecht der Kirchen anerkennt (Art. 4 und 140 GG).
Soweit die Kirche ihre eigenen Angelegenheiten mit Formen des staatlichen Rechts regelt, etwa mit Arbeitsverträgen, bleiben die staatlichen Gerichte für den Rechtsschutz zuständig. Für den Bereich des jeweiligen einzelnen Arbeitsverhältnisses gibt es kirchliche Schlichtungsverfahren. Für den Bereich der betrieblichen und überbetrieblichen Mitbestimmung, die durch kirchlich erlassene Ordnungen geregelt wird, haben die deutschen Bischöfe eine besondere Arbeitsgerichtsbarkeit eingerichtet - die rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht.
Das kirchliche Gesetzbuch d.h. der Codex Iuris Canonici, bestimmt die rechtliche Struktur des Offizialats. Als Gericht I. Instanz ist das Kölner Offizialat zuständig innerhalb der eigenen Bistumsgrenzen, zudem seit dem 1. Mai 2009 für den Bereich des Bistums Essen. Als Gericht II. Instanz, das heißt als Berufungsgericht, ist das Kölner Offizialat zuständig für die Bistümer Aachen, Limburg, Münster, Trier; denn diese - und Essen - bilden eine Kirchenprovinz mit Köln als Erzbistum. Berufungsgerichte für Köln - mit Essen - sind Münster als II. Instanz und Freiburg i.Br. als III.Instanz.
Wegen des staatlichen Rechtsschutzes umfassen die Aufgaben der Offizialate in der Praxis einen eher kleinen Bereich. Bei den vor den Offzialaten geführten Verfahren geht es nahezu ausschließlich um eine Klärung des kirchlichen Personenstandes aufgrund des kirchlichen Eherechts.
Zahlen nach der päpstlichen Reform
Die Deutsche Bischofskonferenz hat in ihrem Wort zum Nachsynodalen Schreiben Amoris Laetitia am 23. Januar 2017 "alle, die begründete Zweifel daran haben, dass ihre Ehe gültig zustande gekommen ist", ermutigt, "den Dienst der kirchlichen Ehegerichte in Anspruch zu nehmen, damit ihnen ggf. eine neue kirchliche Heirat ermöglicht wird". Alle in der Seelsorge Tätigen und in der kirchlichen Ehe-, Familien- und Lebensberatung müssten um diesen Weg wissen und betroffenen Personen Mut machen, die Anstrengungen auf sich zu nehmen, die von der Natur der Sache mit einem solchen Verfahren verbunden seien.
Papst Franziskus hatte 2015 die kirchliche Eheprozessordnung reformiert. Katholischen Frauen und Männern, die sich getrennt haben, soll damit die Annullierung der geschlossenen Ehe erleichtert werden. Im Kern wird das Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe durch folgende Maßnahme erleichtert: Das Urteil über den Ausgang des Verfahrens kann unter Umständen schon in erster Instanz vom Ortsbischof getroffen werden, eine zweitinstanzliche Entscheidung ist nicht mehr zwingend erforderlich. Es ist also für die Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe seitdem nicht mehr in jedem Fall eine doppelte, übereinstimmende Entscheidung zweier Richter erforderlich, sondern die vom ersten Richter gemäß Rechtsnorm erreichte "moralische Gewissheit" genügt. Die Reform hebt die Bedeutung des Ortsbischofs als oberster Richter seiner Diözese hervor, da dieser zum Hirten und Haupt für die Gläubigen bestellt ist. Im Hinblick darauf werden die Ortsbischöfe ermahnt, diese richterliche Funktion auf dem Gebiet der Ehen nicht einfach den von ihm delegierten Ämtern der bischöflichen Kurie zu überlassen. Hierdurch soll die Nähe zwischen den Gläubigen und dem Richter wiederhergestellt werden. Das Verfahren soll soweit möglich für die Beteiligten kostenfrei sein.
Die Zahl der Verfahren nach der von Papst Franziskus verfügten Änderung des Prozessrechtes ist im Bereich der Bistümer Köln und Essen wie folgt gestiegen:
• 2015 betrug die Zahl der neu eingeleiteten ordentlichen Verfahren 82, 2016 waren es 106, 2017 waren es 75.
• Für alle Diözesen in Deutschland betrugen 2015 diese Zahlen 582, im Jahr 2016 waren es 753; die Zahlen für 2017 liegen derzeit nur für die Hälfte der Bistümer vor, die Entwicklung erscheint unterschiedlich.
• Insgesamt wurden im Berichtsjahr 2017 am Erzbischöflichen Offizialat Köln 93 neue Eheverfahren begonnen (ordentliche Prozesse, Dokumentenverfahren, Nichtvollzugs- und privilegium fidei-Verfahren), im Vorjahr waren es 117.
• 117 Verfahren wurden erledigt, davon 81 durch ein Urteil im Sinne der Klage, 11 Urteile waren negativ; 2 Nichtvollzugs- und 13 privilegium-Verfahren wurden auf den Weg nach Rom gebracht, 15 Verfahren wurden aufgegeben oder eingestellt.
• Zu Beginn des Jahres 2018 waren am Erzbischöflichen Gericht noch insgesamt 208 Verfahren anhängig.
• 155 Personen suchten in einem Beratungsgespräch in Köln oder in der Außenstelle Essen Auskunft über die Chancen eines solchen Verfahrens (im Vorjahr waren es 203).
(Erzbistum Köln)