Enzyklika "Fides et ratio"

Papst Johannes Paul II. unterschreibt seine Enzyklika "Fides et ratio" (KNA)
Papst Johannes Paul II. unterschreibt seine Enzyklika "Fides et ratio" / ( KNA )

Auszüge aus der 1998 von Papst Johannes Paul II. veröffentlichten Enzyklika "Fides et Ratio" (Glaube und Vernunft):

"Eine Philosphie, die nicht mehr die Frage nach dem Sinn des Daseins stellt, würde ernsthaft Gefahr laufen, die Vernunft zu rein instrumentalen Funktionen zu degradieren, ohne jegliche echte Leidenschaft für die Suche nach der Wahrheit."

"Um sich in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes zu befinden, muß die Philosophie vor allem ihre Weisheitsdimension wiederfinden, die in der Suche nach dem letzten und umfassenden Sinn des Lebens besteht. Wenn man es recht betrachtet, stellt diese erste Forderung für die Philosophie einen sehr nützlichen Ansporn dazu dar, ihrem eigentlichen Wesen gerecht zu werden. Denn wenn sie das tut, wird sie nicht nur die entscheidende kritische Instanz sein, die die verschiedenen Seiten des wissenschaftlichen Wissens auf ihre Zuverlässigkeit und ihre Grenzen hinweist, sondern sie wird sich auch als letzte Instanz für die Einigung von menschlichem Wissen und Handeln erweisen, indem sie diese dazu veranlasst, ein endgültiges Ziel und einen letzten Sinn anzustreben."

"Das Wort Gottes offenbart das letzte Ziel des Menschen und verleiht seinem Handeln in der Welt einen umfassenden Sinn. Deshalb lädt das Wort Gottes die Philosophie ein, sich für die Suche nach der natürlichen Grundlage dieses Sinnes einzusetzen; diese Grundlage besteht in der Religiosität, die jedem Menschen als Person eigen ist. Eine Philosphie, die die Möglichkeit eines letzen und umfassenden Sinnes leugen wollte, wäre nicht nur unangemessen, sondern irrig."

"Von nicht geringen Gefahren kündigt der Pragmatismus, eine für diejenigen typische Denkhaltung, die es in ihren Entscheidungsprozessen ausschließen, auf theoretische Überlegungen zurückzugreifen oder auf ethischen Prinzipien gestützte Bewertungen vorzunehmen. Die praktischen Folgen aus dieser Denkrichtung sind beträchtlich. Insbesondere hat sich ein Demokratieverständnis durchgesetzt, das den Bezug zu wertorientierten und deshalb unwandelbaren Grundlagen unberücksichtigt läßt: Die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit eines bestimmten Verhaltens entscheidet sich auf Grund des Votums der parlamentarischen Mehrheit. Welche Konsequenzen ein solcher Ansatz hat, liegt auf der Hand: Die großen moralischen Entscheidungen des Menschen werden in Wirklichkeit den Beschlüssen untergeordnet, die nach und nach von den institutionellen Organen an sich gezogen werden." (dpa/ Stand: 15.10.1998)