1960er: Die Wurzeln der Theologie der Befreiung liegen in der prekären sozialen Lage Lateinamerikas. In vielen Ländern entstehen sogenannte Basisgemeinden, die eine mit den Reichen eng verbundene Kirchenhierarchie infragestellen und Anliegen der Armen in den Mittelpunkt rücken.
16. November 1965: Kurz vor Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) treffen sich rund 40 Bischöfe der Weltkirche in der römischen Domitilla-Katakombe. Im "Katakombenpakt" verpflichten sie sich auf das Prinzip einer dienenden Kirche und zum Verzicht auf allen materiellen Reichtum.
1966: Camilo Torres, kolumbianischer Priester und Revolutionär, wird im bewaffneten Kampf erschossen.
1968: Die Bischöfe Lateinamerikas positionieren bei ihrem Treffen in Medellin/Kolumbien die Kirche als Anwalt der Armen und Entrechteten. Diese Haltung wird von Beobachtern als "Option für die Armen" umschrieben.
1970: Erstes Symposium über die "Theologie der Befreiung" in Bogota.
1971: Der peruanische Theologe und Priester Gustavo Gutierrez veröffentlicht sein Buch "Theologie der Befreiung".
1979: Lateinamerikas Bischöfe bekräftigen in Puebla/Mexiko die "Option für die Armen". Johannes Paul II. predigt Solidarität mit den Unterdrückten, betont aber, ein Verständnis von Christus als Revolutionär sei nicht mit kirchlicher Lehre vereinbar. In Nicaragua werden drei Priester zu Ministern einer Revolutionsregierung, die 1990 bei freien Wahlen scheitert.
1980: Erzbischof Oscar Romero von San Salvador, als "Bischof der Armen" eine Symbolfigur der Befreiungstheologen, wird ermordet.
1983: Als Präfekt der Glaubenskongregation kritisiert Kardinal Joseph Ratzinger marxistische Strömungen der Theologie der Befreiung.
1984: Den Befreiungstheologen Clodovis Boff und Antonio Moser wird die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen. Zudem gibt es Kritik an Leonardo Boff wegen seines Buches "Kirche: Charisma und Macht". Der Vatikan verurteilt den "marxistischen Ansatz" dieser Theologie. Eine erste Instruktion der Glaubenskongregation unter Kardinal Ratzinger über "einige Aspekte der 'Theologie der Befreiung'" warnt vor Abweichungen in Fragen des Glaubens.
1986: Die Glaubenskongregation veröffentlicht eine zweite, differenziertere Instruktion mit dem Titel "über die christliche Freiheit und die Befreiung".
1989: In El Salvador werden der jesuitische Befreiungstheologe Ignacio Ellacuria, fünf seiner Mitbrüder sowie zwei Hausangestellte ermordet.
1990: In Haiti wird der Befreiungstheologe Jean-Bertrand Aristide Präsident; wenig später stürzen ihn Militärs. Eine zweite Amtszeit des Ex-Priesters endet 2004 im Chaos.
1992: Leonardo Boff verlässt den Franziskanerorden. Er fordert grundlegende Reformen der Kirche. Die neuen sozialen Bewegungen der Globalisierungskritiker werden von Befreiungstheologen inspiriert.
1997: Die Glaubenskongregation gibt die Exkommunikation des sri-lankischen Befreiungstheologen Tissa Balasuriya bekannt; ein Jahr später wird er wieder in die Kirche aufgenommen.
2007: Der Vatikan erklärt einige Thesen des in San Salvador lehrenden Befreiungstheologen Jon Sobrino für abweichend von der kirchlichen Lehre. Im Mai 2007 bekräftigt die Vollversammlung der Bischöfe Lateinamerikas im brasilianischen Aparecida mit ausdrücklicher Förderung von Papst Benedikt XVI. die "vorrangige Option der Kirche für die Armen" und betont die Verantwortung jedes einzelnen Christen, seinen Glauben in der Welt zu leben und zu verbreiten.
2013: Mit dem argentinischen Kardinal Jorge Mario Bergoglio wird erstmals ein Lateinamerikaner zum Papst gewählt. Er gibt sich den Namen Franziskus und predigt bei vielen Gelegenheiten einen einfachen Lebensstil und eine Zuwendung zu den Menschen "an den Rändern der Gesellschaft". (KNA)