Zwar ist die türkische Verfassung seit der Staatsgründung durch Kemal Atatürk offiziell laizistisch. Religiöse Minderheiten außerhalb des sunnitischen Islam hatten aber immer wieder unter Diskriminierungen zu leiden. Sie erhalten beispielsweise keine finanziellen Zuwendungen von der staatlichen Religionsbehörde.
Leicht gebessert hatte sich die Lage der religiösen Minderheiten zu Beginn der AKP-Regierung nach 2002. So wurde Anfang 2018 die restaurierte bulgarisch-orthodoxe Eisenkirche in Istanbul wiedereröffnet. Dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Anfang August 2019 den Grundstein für den Bau einer syrisch-orthodoxen Kirche gelegt hat, ist dennoch etwas Besonderes in der Geschichte des Landes. Nicht nur, weil der autoritäre Staatsführer ansonsten eher durch seine Sympathien für die fundamentalistischen Muslimbrüder und den ultrakonservativen Islam auffällt. Es handelt sich nämlich um den ersten Kirchenneubau seit Gründung der Republik 1923.
Der Istanbuler syrisch-orthodoxe Bischof Yusuf Cetin sprach von einem historischen Tag für seine Kirche. Das Gotteshaus steht im Stadtteil Bakirkoy im europäischen Teil der Stadt. Es ist die zweite Kirche dieser Art. Eine ältere syrisch-orthodoxe steht bereits im Stadtteil Beyoglu. Weil sich aber in Bakirkoy besonders viele syrische Flüchtlinge niedergelassen haben, bot sich dieser Standort an.
Denn syrisch-orthodoxe Gläubige gibt es etliche unter den rund 3,6 Millionen syrischen Neuankömmlingen in der Türkei, von denen eine halbe Million in Istanbul leben. Auch wenn die Mehrheit von ihnen sunnitischen Glaubens ist, sind auch rund 17.000 syrisch-orthodoxe Christen darunter. In den vergangenen Jahren mussten die Gläubigen aufgrund ihrer wachsenden Zahl immer wieder auf Häuser anderer Glaubensgemeinschaften ausweichen, die aber aus allen Nähten platzten. (KNA)