Keimbahnintervention

Umstrittene Reproduktionsmedizin / © Waltraud Grubitzsch (dpa)
Umstrittene Reproduktionsmedizin / © Waltraud Grubitzsch ( dpa )

Neuartige molekularbiologische Methoden erlauben immer genauere Eingriffe in das Erbgut von Menschen, Tieren und Pflanzen. Beispielsweise durch die sogenannte Genschere CRISPR cas können einzelne Basenpaare oder -abfolgen gezielt entfernt, hinzugefügt oder ausgetauscht werden.

Mit Blick auf den Einsatz solcher gentechnischer Verfahren beim Menschen unterscheidet man zwischen somatischer Gentherapie und Keimbahninterventionen: Werden gentherapeutische Maßnahmen in bereits spezialisierten Körperzellen eines individuellen menschlichen Organismus vorgenommen, so spricht man von somatischer Gentherapie. Dabei beschränken sich die Veränderungen auf das behandelte Individuum und werden nicht vererbt. Vor allem Krankheiten, die durch ein einzelnes Gen verursacht werden, sollen behandelt werden.

Wissenschaftler hoffen, etwa Erkrankungen wie die Malaria, Mukoviszidose, Sichelzellanämie oder Muskeldystrophie heilen zu können. Die somatische Gentherapie steckt aber noch in den Kinderschuhen. Eingriffe in die menschliche Keimbahn, also in Ei- beziehungsweise Samenzellen und Zellen beim frühen Embryo, haben dagegen Auswirkungen nicht nur auf das Individuum, sondern auf alle seine Nachkommen.

Diese sogenannten Keimbahninterventionen könnten beispielsweise mit dem Ziel durchgeführt werden, das Individuum und sämtliche seiner Nachkommen von erblichen genetischen Risiken (etwa Brustkrebs-Risiko) zu befreien oder mit bestimmten erwünschten genetischen Eigenschaften auszustatten.

Keimbahninterventionen sind ethisch besonders umstritten. In Deutschland sind sie laut Embryonenschutzgesetz verboten. Kritiker verweisen auf die Menschenwürde, drohende Gesundheitsschäden und möglicherweise unwiderrufliche Folgeschäden für alle kommenden Generationen. Die Auswirkungen von Genveränderungen seien noch lange nicht ausreichend verstanden. Die Rede ist von Menschenversuchen. Mit Blick auf die mögliche Optimierung genetischer Merkmale warnen Kritiker vor Machtmissbrauch und Menschenzucht (Designer-Babys). (kna/Stand 09.05.2019)