Der Theologe und Religionsphilosoph Romano Guardini (1885-1968) zählt zu den einflussreichsten katholischen Denkern des 20. Jahrhunderts. Als führendes Mitglied der katholischen Jugendbewegung und der Liturgiebewegung bereitete er der kirchlichen Erneuerung vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) den Weg. Als wortmächtiger akademischer Lehrer und Autor prägte er Generationen. Wie nur wenigen gelang ihm der Brückenschlag zwischen moderner Lebenswelt und religiöser Symbolik, zwischen Glauben, Wissenschaft und Kunst.
Guardini wurde 1885 in Italien geboren und zog mit seinen Eltern ein Jahr später nach Deutschland. An der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität, der heutigen Humboldt-Universität, unterrichtete er als Professor für Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung, bis die Nationalsozialisten seinen Lehrstuhl abschafften. Nach Kriegsende lehrte er in München erneut als Professor.
Nach dem Krieg richtete der württembergische Kultusminister Carlo Schmid einen Lehrstuhl für Guardini in Tübingen ein. 1948 folgte der Ruf nach München, wo er bis zu seiner Emeritierung 1962 lehrte und Universitätsprediger war. 1952 erhielt der Religionsphilosoph den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, gefolgt von vielen weiteren hohen Auszeichnungen. Zu einer Mitarbeit beim Konzil kam es nicht mehr, da Guardini in seinen letzten Lebensjahren unter Depressionen litt. Sein Nachlass wird seit 1982 durch die von ihm mitbegründete Katholische Akademie in Bayern verwaltet, die auch einen nach ihm benannten Preis vergibt. An der Berliner Humboldt-Universität gibt es heute eine Guardini-Stiftungsprofessur. (KNA/1.10.18)