Ein umstrittener Messias

Jair Bolsonaro, Präsident von Brasilien / © Antonio Cruz (dpa)

Mit seinem deutlichen Wahlsieg hat Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro ein politisches Erdbeben in Brasilien ausgelöst. Der Favorit für den zweiten Wahlgang Ende Oktober spaltet die Gemüter: Für seine Anhänger ist er ein Hoffnungsträger, der in dem krisengeschüttelten Land mit harter Hand aufräumen will. Seine Gegner werfen dem Rechtspopulisten vor, mit seinem Faible für Waffen und der Diffamierung Andersdenkender ein Klima der Gewalt zu schüren.

Bolsonaros Markenzeichen sind markige Sprüche und Tabubrüche. Er lobte die Militärdiktatur (1964-1985), widmete sein Votum bei der Abstimmung über die Amtsenthebung der ehemaligen Präsidenten Dilma Rousseff deren Folterer und sagte einer Kollegin wiederholt, sie sei zu hässlich, um von ihm vergewaltigt zu werden. Seine Hetze hat subtile Überzeugungskraft, Selbstzweifel plagen den 63-jährigen nicht.

Im Gegensatz zu seinem Image als politischer Erneuerer ist Bolsonaro schon seit mehr als 25 Jahren Bundesabgeordneter. Wie viele seiner Kollegen wechselt auch er ständig die Partei. Seiner sozialliberalen PSL trat er erst in diesem Jahr bei, davor war er bereits Mitglied von acht zumeist konservativen Parteien.

Karriere machte Bolsonaro beim Militär. Er brachte es bis zum Hauptmann und diente als Fallschirmjäger. Schon damals fiel er seinen Vorgesetzten durch aggressives und autoritäres Verhalten gegenüber Kameraden auf. Wegen Ungehorsams kam er Mitte der 80-er Jahre für zwei Wochen in Militärhaft, nachdem er öffentlich höheren Sold einforderte. Heute steht ein Großteil des Militärs und der Polizei hinter ihm.

Bolsonaro stammt aus dem Bundesstaat São Paulo und lebt heute in Rio de Janeiro. Der Katholik war dreimal verheiratet und hat fünf Kinder. Drei seiner Söhne sind ebenfalls in der Politik und errangen bei diesen Wahlen Rekordergebnisse für Parlaments- oder Senatssitze.

Wenn Bolsonaro von seiner Mission spricht, spielt er gerne auf seinen Zweitnamen Messias an. Gott weise ihm den richtigen Weg. Statt eines konkreten politischen Programms plädiert er für die Schaffung einer starken Nation. Moralische Richtschnur sind dabei die traditionellen Familienwerte. Dass ein offenbar verwirrter Attentäter ihn Anfang September mit einem Messerstich verletze, steigerte seine Popularität noch. Seine Losung: Alle Brasilianer sollen bewaffnet sein, dann gebe es keine Probleme mehr. (epd, 8.10.18)