Der scheidende US-Präsident Barack Obama hat an seinem letzten vollen Amtstag die Haftstrafen von weiteren 330 Gefangenen reduziert. Das Weiße Haus in Washington veröffentlichte eine Liste mit den Namen. Er begnadigte damit mehr Gefangene als seine zwölf Amtsvorgänger zusammen. In den acht Jahren seiner Amtszeit verringerte Obama 1.715 Haftstrafen, davon Hunderte lebenslange Strafen.
Unter anderem wurden vier Inhaftierte aus dem US-amerikanischen Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba entlassen. Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, wurden drei Männer in die Vereinigten Arabischen Emirate und einer nach Saudi-Arabien gebracht. Damit verbleiben 41 Häftlinge in dem Lager, wie Obama an das Repräsentantenhaus und den Senat schrieb.
Obama kritisierte zudem den Kongress scharf wegen des Gefangenenlagers. Der Kongress sei schuld, dass das Lager noch immer existiere. Die beiden Kammern hätten sich bei der Entscheidung, das Lager zu schließen, von parteipolitischen Erwägungen leiten lassen. Die Republikaner stellen die Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus. Obama scheiterte im Kongress mehrmals mit Plänen, Häftlinge in den USA vor Gericht zu stellen und in US-Gefängnisse zu verlegen.
Laut US-Verfassung hat der Präsident umfassendes Gnadenrecht im bundesstaatlichen Justizsystem. Obama hatte bereits die Strafe der Whistleblowerin Chelsea Manning verkürzt. Die zu 35 Jahren Haft verurteilte Manning soll am 17. Mai 2017 freikommen. Fast alle Verkürzungen kamen Inhaftierten zugute mit langen Strafen wegen gewaltfreier Drogenvergehen. Die stellvertretende Justizministerin Sally Yates sprach in der "Washington Post" von einem "enormen und noch nie da gewesenen Vorhaben".
Trotz der Bitten von Menschenrechtlern fehlen auf der letzten Gnadenliste die Namen Edward Snowden und Leonard Peltier. Der in Russland lebende Computerexperte Snowden hat nach Regierungsangaben keinen Gnadenantrag gestellt. Der 1977 wegen Verwicklung in dem Mord an zwei FBI-Agenten zu zweimal lebenslanger Haft verurteilte Indianeraktivist Peltier sollte nach Ansicht von Amnesty International aus humanitären Gründen frei kommen. Rechtsexperten haben indes Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils.
Unter Donald Trump erscheinen Begnadigungen unwahrscheinlich. Sein designierter Justizminister Jeff Sessions hat Obamas Strafreduzierungen als "alarmierenden Machtmissbrauch" verurteilt. (epd/Stand 20.01.17)