Der Schlussantrag des Luxemburger Generalanwalts über die Rechtmäßigkeit kirchlicher Einstellungsregeln könnte nach Ansicht des Bochumer Arbeitsrechtlers Jacob Joussen Folgen für die Kirchen haben. Erfreulich für sie sei, dass der Generalanwalt das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen grundsätzlich anerkannt habe, sagte der Jura-Professor dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Problematisch für die Kirchen sei aber, dass das bisherige Verlangen nach Kirchenmitgliedschaft - "nämlich unterschiedslos für alle Berufstätigkeiten" - so nicht mehr zu halten sein könnte. "Aus kirchlicher Sicht ist das nicht erfreulich", sagte Joussen, der auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört.
Joussen betonte, das Urteil, das in etwa einem halben Jahr erwartet werde, müsse nicht automatisch dem Generalanwalt folgen. Falle das Urteil aber in diesem Sinne aus, gebe es den Kirchen Hausaufgaben auf. Sie vertreten bisher die rechtliche Auffassung, selbst bestimmen zu können, inwieweit sie von Arbeitnehmern die Zugehörigkeit zu einer Kirche verlangen. Sie sehen es als problematisch an, dass Gerichte darüber entscheiden sollen.
Joussen sagte, dennoch sei der Antrag des Generalanwalts keine Erschütterung des kirchlichen Arbeitsrechts, weil er die besonderen Rechte der Kirche durchaus anerkenne. Es sei eher eine Neuausrichtung, die in den Kirchen zum Nachdenken anregen müsse. In der gerade geänderten Loyalitätsrichtlinie zum Arbeitsrecht in der evangelischen Kirche stehe nichts zur Nähe zum Verkündigungsauftrag. "Ich finde, dass wir die Richtlinie anders fassen sollten", sagte Joussen: "Die entscheidende Frage ist nicht, ob alle Mitarbeiter evangelisch sind, sondern was den evangelischen Charakter einer Einrichtung ausmacht." Wenn die Rechtsordnung vorgebe, dass nur bei verkündigungsnahen Tätigkeiten eine Kirchenzugehörigkeit verlangt werden kann, "kann ich damit leben", sagte er. (epd/Corinna Buschow)