Kommission: Kirchen müssen mehr für Missbrauchsopfer tun

 (DR)

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch hat die Kirchen zu mehr Engagement bei der Aufarbeitung und Prävention aufgefordert. Die beiden Kirchen hätten häufig nur so viel getan, wie sie es vor allem auf Druck von Betroffenen und der Öffentlichkeit hätten tun müssen, erklärte deren Vorsitzende Sabine Andresen am Mittwoch in Berlin. Sie äußerte sich bei dem Hearing "Kirchen und ihre Verantwortung zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs".

Die Kirchen müssten deutlicher als bisher Verantwortung für Aufarbeitung übernehmen und solche Prozesse von sich aus anstoßen, so Andresen. Den Betroffenen sollten sie auf "Augenhöhe begegnen" und deren Anliegen in den Mittelpunkt des Handelns stellen. Dazu gehörten persönliche Gespräche mit Menschen auf der Leitungsebene sowie "eine Haltung, die von Empathie statt von bürokratischen Vorgaben geprägt ist". Sie mahnte weiter angemessene Anerkennungs- oder Entschädigungsleistungen an. Die katholische Kirche zahlt Opfern eine Anerkennungssumme von bis zu 5.000 Euro, in begründeten Einzelfällen auch mehr.

Die Kommission kritisierte zudem, dass es bei den Kirchen nach wie vor Strukturen gebe, die sexuellen Kindesmissbrauch und den Schutz von Tätern ermöglichten. Heiner Keupp, der ebenfalls in der Kommission sitzt, erklärte, das jahrzehntelange Schweigen müsse beendet werden. Um Täter nicht länger zu schützen und stattdessen den Schutz von Kindern zu gewährleisten, müssten das Beicht- und das Seelsorgegeheimnis kritisch überprüft werden.

Auch bei der evangelischen Kirche gebe es erhebliche Defizite im Umgang mit Betroffenen, so die Kommission. Es fehle dort bis heute an überregionalen, qualitativ verlässlichen und transparenten Strukturen. Betroffene würden "gezielt alleine gelassen", so Kerstin Claus, die Mitglied im Betroffenenrat des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung ist. Zudem gebe es keine zentrale, kirchenunabhängige Anlauf- und Beschwerdestelle. (kna/Stand 27.06.2018)