Diskussion um Enteignungen

 (DR)

Die Wut über stark steigende Mieten hat am Samstag mehrere Zehntausend Menschen in vielen deutschen Städten auf die Straße getrieben. Die größte Demonstration fand in Berlin mit 40.000 Teilnehmern statt, wie das "Bundesweite Bündnis #Mietenwahnsinn" mitteilte.

Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" teilte am Montagvormittag über Twitter mit, das bereits rund 15.000 Menschen das Volksbegehren zur Enteignung großer privater Wohnungsunternehmen unterstützen. Für den Antrag eines Volksbegehrens müssen 20.000 gültige Unterschriften innerhalb von sechs Monaten gesammelt werden. Ziel des Volksbegehrens ist ein Rekommunalisierungsgesetz.

Der Grünen-Bundesvorsitzende Robert Habeck hält Enteignungen prinzipiell für denkbar. Wenn etwa Eigentümer brachliegender Grundstücke weder bauen noch an die Stadt verkaufen wollten, müsse notfalls die Enteignung folgen, sagte er der "Welt am Sonntag". Das Grundproblem sei, dass große Wohnungsbestände zum Spekulationsobjekt geworden seien, erklärte Habeck.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) griff Habeck scharf an. "Enteignungen sind nun wirklich sozialistische Ideen und haben mit bürgerlicher Politik nichts zu tun", sagte er dem "Münchner Merkur" (Montag). Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte zu der Debatte in Duisburg: "Mit Enteignungen wird nicht eine einzige neue Wohnung geschaffen." Es würden nur private Investoren verschreckt, die neue Wohnungen bauen könnten.

SPD-Parteichefin Andrea Nahles sagte der "Bild am Sonntag", sie verstehe die Wut auf Wohnungskonzerne, "die jeden Cent aus den Mietern rauspressen wollen". Statt Enteignungen wolle die SPD aber einen Mietenstopp. "Und das verfügbare Geld in bezahlbaren Wohnraum investieren, damit mehr Wohnungen entstehen". Widerspruch erhielt sie aus der eigenen Partei. Der SPD-Vize-Bundesvorsitzende Ralf Stegner verteidigte Enteignungen als ein letztes "Notwehrrecht" des Staats. (dpa)