Der Direktor des Anne Frank Zentrums, Patrick Siegele, plädiert angesichts von steigendem Antisemitismus in Deutschland für mehr Geschichtsunterricht. "Die Schüler wissen weniger über den Holocaust, weil das Unterrichtsfach Geschichte in vielen Bundesländern zugunsten der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer zurückgefahren wurde", kritisierte er anlässlich des 90. Geburtstages von Anne Frank (1929-1945) am 12. Juni. Das jüdische Mädchen starb mit 15 Jahren im KZ Bergen-Belsen.
Neben der Erhöhung der Unterrichtsstunden im Fach Geschichte sei auch die Qualität entscheidend: "Es darf nicht nur bei Zahlen und Fakten bleiben, sondern das Ganze muss ein Gesicht bekommen. Kinder und Jugendliche müssen Anknüpfungspunkte zum eigenen Leben haben", so Siegele. Er forderte Rahmenbedingungen, die jedem deutschen Schüler im Laufe seiner Schullaufbahn den Besuch einer Gedenkstätte ermöglichen. "Das scheitert oft an den Kosten. Jeder sollte aber einen Anspruch darauf haben."
Einen weiteren Grund für steigenden Antisemitismus sieht er in einer zunehmend verrohenden Gesellschaft. "Viele Dinge sind mittlerweile leichter sagbar, es gibt weniger Hemmungen, sich antisemitisch zu äußern", kritisierte er. Im Berliner Ausstellungszentrum gebe es "laufend solche Vorfälle. Vieles ist israelbezogener Antisemitismus, etwa: 'Was die Juden in Israel mit den Arabern machen, ist auch nichts anderes als Holocaust'. Aber auch die klassischen Stereotype hören wir wie etwa: 'Alle Juden sind reich und einflussreich'". (KNA / 11.6.19)