Paris ist die unangefochtene Hauptstadt Frankreichs, der "ältesten Tochter der Kirche". Und Notre-Dame ist die unangefochtene Hauptkirche der Hauptstadt. Der Großbrand in diesem zentralen Weltkulturerbe der Menschheit im April 2019 ist nicht nur ein Kulturverlust ersten Ranges. Er war auch ein symbolischer Stoß ins religiöse Herz der Franzosen.
Notre-Dame ist die Kirche des Pariser Erzbischofs - daher der Titel "Kathedrale" (lat. cathedra = Sitz, Stuhl). Vorgängerbauten auf der Ile de la Cite, der Kernstadt auf der Seine-Insel, lassen sich bis um das Jahr 540 zurückverfolgen. Hier sind heute die wichtigsten Reliquien von Paris versammelt, darunter auch eine Dornenkrone und ein Kreuznagel, die traditionell als von der Kreuzigung Jesus Christi stammend verehrt werden.
Mit den Jahrhunderten verlagerte sich das religiöse Herz der französischen Nation immer stärker nach Notre-Dame - so wie das politische Herz mit der Rückkehr des Königshofes Ende des 16. Jahrhunderts fortan in Paris schlug.