Experte: Vandalismus in Kirchen kann psychische Gewalt sein

 (DR)

Nach Einschätzung des Kunstexperten der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Jakob Johannes Koch, sind Kirchen in Deutschland derzeit stärker von kriminellen Übergriffen bedroht als noch vor zehn Jahren. "Vandalismen an religiösen Stätten haben in Deutschland krass zugenommen - krass nicht nur im Ausmaß, sondern auch in der Qualität", schreibt der Kulturreferent der Bischofskonferenz in einem Beitrag für die "Herder Korrespondenz".

Die Strafverfolgungsbehörden müssten reagieren und entsprechende Taten anders bewerten, fordert Koch. "Hier amtlicherseits stereotyp unmotivierte 'Sachbeschädigung' festzustellen, ist vielfach unangemessen, zumal die psychischen Folgen bei den betroffenen Gläubigen auch eine Bewertung als Religionsdelikt erlauben." Diebstahl und Vandalismus in Kirchen seien "nie nur Vermögensdelikte und Sachbeschädigung, sondern stellen auch psychische Gewalt dar." Der Expert verwies dabei auf Jesuskind-Diebstähle aus Weihnachtskrippen im vergangenen Jahr, eingeworfene Kirchenfenster an Silvester in Leipzig und beschädigte Gifel- und Grabkreuze. "Dass Täter in Weihwasserbecken Fäkalien hinterlassen, ist ebenfalls belegt", so Koch.

Die Grundmuster vieler Beschädigungen innerhalb und außerhalb von Kirchengebäuden scheinen laut Koch nicht "blindwütige", sondern "ideologisch zielgerichtete Motivationen widerzuspiegeln". Der Experte forderte die Ermittler dazu auf, bei solchen Tatmustern genauer hinschauen. "Im vieldiskutierten Paragraf 166 StGB (Blasphemie-Paragraf) geht es um nichts weniger als um den öffentlichen Frieden - und der Friede unter den Menschen, Gläubigen wie Nichtgläubigen, sollte uns doch jede Anstrengung wert sein."

Nach Informationen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) liegt die Zahl der Diebstähle und Einbrüche in Kirchen seit 2010 jährlich immer über der 2.000er-Marke. Der bisherige Höchstwert wurde 2015 mit 2.598 Delikten verzeichnet. Hinzu kommt eine Dunkelziffer polizeistatistisch nicht erfasster Fälle, weil die Bundesländer unterschiedliche Grenzen beim Sachwert und damit der statistischen Erhebung ausweisen. (kna/Stand 27.01.2020)