Neuwahl oder nicht? Zukunft in Thüringen weiter unklar

 (DR)

Vor Beratungen des CDU-Präsidiums über das weitere Vorgehen nach der Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen ist Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer dem Landesverband entgegenkommen. Sie dringt vorerst nicht mehr auf eine Neuwahl. Nach fünfstündigen Krisengesprächen räumte sie in der Nacht zum Freitag den Parteifreunden in Erfurt Zeit ein, einen parlamentarischen Weg aus der Krise zu finden. Sollten die parlamentarischen Möglichkeiten nicht funktionieren, sei eine Neuwahl unausweichlich, machte sie aber deutlich.

Das CDU-Präsidium berät am Vormittag in Berlin über das weitere Vorgehen. Spannend wird sein, wie Kramp-Karrenbauer mit ihrem Erfurter Gesprächsergebnis dort ankommt. Das Präsidium hatte auf ihre Initiative hin eine sofortige Neuwahl empfohlen.

Die Ereignisse in Thüringen belasten nach Ansicht der SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans auch die große Koalition. "Es gibt eine Menge Fragen, die beantwortet werden müssen, um das Vertrauensverhältnis zu klären", sagte Esken der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit wüssten sie nicht, "woran wir sind mit der CDU". Um das zu klären, hat die SPD für Samstag einen Koalitionsausschuss durchgesetzt.

Auch die FDP-Spitze kommt am Freitag zu Beratungen zusammen. Parteichef Christian Lindner will die Vertrauensfrage stellen. Er war unter Druck geraten, nachdem der FDP-Politiker Thomas Kemmerich am Mittwoch überraschend mit Stimmen von AfD, Union und FDP in Thüringen zum Regierungschef gewählt worden war. Lindner war am Donnerstag zu Krisengesprächen nach Erfurt gereist. Parteivize Katja Suding sagte dem Nachrichtenportal "Watson", es sei wichtig gewesen, dass Lindner Kemmerich "zum Rücktritt bewegen konnte". "Das war wichtig als Signal dafür, dass die FDP nichts mit der AfD zu tun hat."

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Wahl Kemmerichs mit Hilfe von Stimmen der CDU und der AfD "unverzeihlich" genannt und verlangt, das Ergebnis dieses Vorgangs müsse korrigiert werden.

Eine parlamentarische Lösung in Thüringen könnte darin bestehen, dass Kemmerich seinen Rücktritt erklärt und damit den Weg frei macht für eine erneute Wahl des Ministerpräsidenten im Landtag. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Kemmerich die Vertrauensfrage stellt. Beides käme der Thüringer CDU entgegen, da sie bei einer Neuwahl des Landtags Verluste befürchtet, während die politischen Ränder, also AfD und Linkspartei, auf Stimmenzuwachs hoffen könnten. Kemmerich hatte am Donnerstag die Bereitschaft erklärt, seinen Posten zu räumen. "Der Rücktritt ist unumgänglich", hatte er gesagt. (dpa)