Bundesverfassungsgericht verkündet Urteil zur Sterbehilfe

 (DR)

Am Mittwoch will das Bundesverfassungsgericht seine mit Spannung erwartete Entscheidung über die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung verkünden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Zweiten Senat im April hatte sich angedeutet, dass der 2015 neu eingeführte Paragraf 217 im Strafgesetzbuch in der jetzigen Form kaum Bestand haben wird.

Der Bundestag wollte mit der 2015 verabschiedeten Regelung das Auftreten von Sterbehilfevereinen eindämmen. Diese haben ebenso wie Ärzte und Schwerkranke Verfassungsbeschwerden eingereicht - allerdings mit unterschiedlichen Stoßrichtungen. Erkrankte wollen geltend machen, dass sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Grundgesetzes ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben ableiten lasse. Dieses Recht müsse die Inanspruchnahme der Hilfe Dritter umfassen. Die Sterbehilfevereine sehen Grundrechte verletzt, weil ihre Mitglieder nicht tätig werden könnten.

Ärzte argumentieren, der Paragraf 217 stelle nicht sicher, dass im Einzelfall geleistete Suizidbeihilfe straffrei bleibe. Auch sei unklar, ob die Neuregelung bislang straffreie Formen der Sterbehilfe und Palliativmedizin erfasse. Dies verhindere in der Konsequenz eine am Wohl der Patienten orientierte Behandlung. Laut Paragraf 217 drohen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren; nahestehende Personen eines Kranken sind davon allerdings ausgenommen.

Die Fragen der acht Verfassungsrichter in der Verhandlung lassen die Einschätzung zu, dass das Gesetz als Grundrechtseinschränkung des Einzelnen verstanden werden könnte. Möglich scheint, dass das Gericht dem Bundestag empfiehlt, die Unterstützung eines Suizidwunsches künftig an eine verpflichtende ärztliche Beratung zu koppeln. Eine solche Beratungslösung gibt es auch beim Paragrafen 218, der die Frage von Schwangerschaftsabbrüchen regelt.

Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle hatte bereits zu Beginn der Verhandlung die Frage aufgeworfen, ob die Intention des Gesetzgebers nicht auch ohne das Strafrecht umgesetzt werden könnte. (KNA / 24.02.20)