"Reichsflaggen, sogar Reichskriegsflaggen darunter, auf den Stufen des frei gewählten deutschen Parlaments, das Herz unserer Demokratie - das ist nicht nur verabscheuungswürdig, sondern angesichts der Geschichte dieses Ortes geradezu unerträglich", sagte er am Montag nach einem Treffen mit Polizisten, die am Samstag am Parlamentsgebäude im Einsatz waren.
Rechtsextremistische Pöbeleien und Gewalt hätten zu Recht viele Menschen erschreckt und empört, sagte Steinmeier. Man werde solche Ausschreitungen nicht hinnehmen, auch antidemokratische Hetze und eine Herabwürdigung der Bundesrepublik Deutschland am Bundestag würden nicht geduldet.
Wer sich über die Corona-Maßnahmen ärgere oder deren Notwendigkeit anzweifele, könne und dürfe dagegen demonstrieren, betonte der Bundespräsident. Sein Verständnis ende aber dort, "wo Demonstranten sich vor den Karren von Demokratiefeinden und politischen Hetzern spannen lassen". Wer auf den Straßen den Schulterschluss mit Rechtsextremisten suche, aber auch wer nur gleichgültig neben Neonazis, Fremdenfeinden und Antisemiten herlaufe und sich nicht eindeutig und aktiv abgrenze, mache sich mit ihnen gemein.
Die Gewaltausschreitungen hätten wieder einmal gezeigt, dass der Rechtsextremismus tiefgreifende Wurzeln in der Gesellschaft habe, sagte Steinmeier. Rechtsextremismus sei eine ernste Gefahr. Ihn wirksam zu bekämpfen, sei Aufgabe der Sicherheitsbehörden, aber auch der gesamten Zivilgesellschaft und jedes Einzelnen. Der Bundespräsident dankte den Polizistinnen und Polizisten, "die am Samstag unter hohem persönlichem Risiko mit großer Professionalität Recht und Gesetz verteidigt haben".
Am Reichstagsgebäude hatten am Samstag Teilnehmer einer von Rechtsextremen dominierten Veranstaltung Absperrungen durchbrochen und mit Reichsflaggen die Treppen zum Parlamentsgebäude gestürmt. Insgesamt demonstrierten bei Aufzügen und Kundgebungen von der Friedrichstraße bis zur Siegessäule Zehntausende Kritiker der Corona-Schutzmaßnahmen Seite an Seite neben Rechtsextremen.