Bordelle können in Nordrhein-Westfalen wieder öffnen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat das grundsätzliche Verbot von sexuellen Dienstleistungen, wie es die NRW-Landesregierung in ihrer Corona-Schutzverordnung festschreibt, als nicht mehr verhältnismäßig eingestuft und vorläufig außer Vollzug gesetzt. Zwar sei das Infektionsgeschehen weiterhin dynamisch und Schutzmaßnahmen gerechtfertigt, erklärte das OVG. Allerdings habe die Landesregierung mittlerweile Lockerungen in beinahe allen Bereichen zugelassen. Den Infektionsgefahren könne auch bei Prostitution durch Hygiene- und Schutzmaßnahmen begegnet werden.
Das Risiko eines Corona-Ausbruchs mit vielen Infektionsketten dürfte bei sexuellen Kontakten zwischen zwei Menschen geringer sein als bei einigen wieder erlaubten Veranstaltungen, argumentierte das OVG weiter. Aerosole, die eventuell Infektionen verursachen, könnten zum Beispiel auch beim Sport in Fitnessstudios oder bei privaten Feiern entstehen. Beides sei dennoch zulässig.
Das OVG gab damit dem Antrag eines Unternehmens statt, das in Köln ein Erotik-Massagestudio betreibt. Noch am 25. Juni hatte das Gericht das Prostitutionsverbot in NRW als "voraussichtlich rechtmäßig" bezeichnet. Mit Blick auf das jetzige Infektionsgeschehen und das Gesamtkonzept der Landesregierung sei eine vollständige Untersagung aber nicht mehr gerechtfertigt.
In den norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist Prostitution ab dem 15. September wieder erlaubt, wie am Dienstag bekanntgegeben wurde. In vielen anderen Bundesländern sind Prostitutionsstätten nach wie vor geschlossen. Sozialverbände fordern die Aufhebung des Prostitutionsverbots. Sie fürchteten unter anderem ein Abdriften des Gewerbes in die Illegalität und eine Verarmung der Sexarbeiterinnen. (KNA / 8.9.20)