Theologe: Biden muss Katholiken aussöhnen

 (DR)

Als eine der wichtigsten Aufgaben des neuen US-Präsidenten Joe Biden sieht Religionswissenschaftler Massimo Faggioli die Aussöhnung der US-Katholiken untereinander. "Wenn es in der katholischen Kirche keine Einheit gibt, dann wird es auch keine Einheit im ganzen Land geben", sagte der Theologe an der University Villanova in Philadelphia im Online-Interview der Verlagsgruppe Bistumspresse in Osnabrück. Als größte Kirche der USA vereine sie Menschen aller Schichten, Regionen und Herkunft. Derzeit sähen viele Katholiken in den USA andersdenkende Katholiken "als Satan, als Antichrist, als das Böse", so Faggioli. Zwar gibt es nach Ansicht des Theologen einige US-Bischöfe, die sich über den Wahlsieg Bidens freuten. Die Mehrheit aber habe "schlicht Panik" vor seiner Präsidentschaft. "Sie, die immer die Republikaner unterstützt haben, sehen Biden als Bedrohung ihrer Autorität." Jetzt trete unter den Bischöfen ein Machtkampf offen zutage. Eine Minderheit, die Papst Franziskus nahestehe, sei offen für einen Dialog mit dem Katholiken Biden. Die meisten jedoch, die von den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ernannt wurden, seien "absolute Hardliner". Das sensibelste Thema für Biden und die Katholiken ist Faggioli zufolge die Abtreibung. Ihrer Legalisierung 1973 habe Biden kritisch gegenüber gestanden. Inzwischen aber sei er stärker auf die Linie seiner Demokratischen Partei umgeschwenkt. Die Abtreibungsgesetze der USA zählten zu den liberalsten der Welt, so der Theologe. "Natürlich müssen die Bischöfe sagen: Abtreibung ist falsch." Jedoch entwickelten sich die theoretische Diskussion darüber und die Abtreibungszahlen immer weiter auseinander. Immer wenn die Demokraten an der Macht seien, machten sie humane Sozialpolitik, die es schwangeren Frauen erleichtere, sich für ihr Kind zu entscheiden. Die Republikaner hingegen brächten "mit ihrer grausamen Politik Frauen in verzweifelte Situationen", sagte der Wissenschaftler. Sie erklärten Frauen, die abtreiben, zu schlechten Menschen. Diese "allzu simple Logik" übernähmen auch viele Bischöfe, erklärte Faggioli. Er erwarte jedoch von ihnen, die radikale Sprache der Republikaner nicht zu kopieren und sich nicht nur auf dieses eine Thema zu fokussieren. (kna)