Stiftsbezirk Sankt Gallen heißt das zentrale Gebäudeensemble der ehemaligen Fürstabtei im schweizerischen Sankt Gallen. Der Bezirk besteht aus der Stiftskirche, der Stiftsbibliothek und dem Stiftsarchiv und ist seit 1983 Weltkulturerbe. 2017 wurde das schriftliche Erbe des Klosters in die Liste des UN-Weltdokumentenerbes aufgenommen.
Die Geschichte des Klosters begann mit einer Einsiedelei des irischen Wandermönchs Gallus am selben Ort. Die Benediktinerabtei wurde 719, in karolingischer Zeit, durch Otmar von Sankt Gallen gegründet und existierte als bedeutendes kulturelles Zentrum bis 1805. Der Abt gehörte dem Reichstag des Heiligen Römischen Reiches bis 1798 an. In der um 1760 neu errichteten Klosteranlage befinden sich heute neben der Verwaltung des Bistums Sankt Gallen auch Regierung und Verwaltung des gleichnamigen Kantons.
Die Stiftsbibliothek ist die älteste Büchersammlung der Schweiz und eine der ältesten der Welt. Sie beherbergt Grafiken, historische Bücher, Drucke und mehr als 2.100 Handschriften mit dem Schwerpunkt Frühmittelalter bis zum elften Jahrhundert.
Zu den Manuskripten zählt der "Abrogans". Das lateinisch-althochdeutsches Wörterbuch aus dem späten achten Jahrhundert gilt als ältestes Buch deutscher Sprache. Außerdem befindet sich dort ein Großteil der sogenannten Nibelungenhandschrift B oder Codex Sangallensis 857, einer wichtigen Epen-Sammelhandschrift.
Im Stiftsarchiv lagern Dokumente der mehr als 1.000 Jahren währenden Fürstabtei sowie weitere Archivalien. Auch die älteste Architekturzeichnung der westlichen Welt, der Sankt Galler Klosterplan aus dem frühen neunten Jahrhundert, ist dort ausgestellt. Die spätbarocke Stiftskirche wurde 1823 Bistumskirche des Doppelbistums Chur - Sankt Gallen und ist seit 1847 Kathedrale des damals neu gegründeten Bistums Sankt Gallen. (KNA)