Wow! Ein Traum von einem Atelier erwartet mich: ein kleines Haus im Ostgarten der Abtei. Ein paar kleine Stufen geht es hinauf - und ich stehe in einem hohen Raum. Mit einer Außenwand aus Glas, Blick ins Grüne. Davor ein langer Malertisch mit Staffelei, beides voller Tuben, Pinsel und alter Farbkleckse. Wenn ich Malerin wäre - hier wollte ich malen!
Ein wunderbarer Ort
"Ja, es ist ein wunderbarer Ort", sagt Bruder Lukas, der meinem Blick gefolgt ist. Das Atelier, in dem Bruder Lukas malt, ist zugleich voller Erinnerungen und Anspielungen an seine Zeit als Sozialarbeiter im Kölner Bilderstöckchen: ein Modell des grünen Eisenbahnwaggons z.B. steht im Regal und ein Lampenschirm mit Bildern des jungen Bruders aus den 70er Jahren, inmitten von Jugendlichen, leuchtet über der Eckbank.
An der wir Platz nehmen, während Bruder Lukas uns Kaffee einschenkt. Dann erzählt er. Zu seiner Zeit als Sozialarbeiter kommen wir erst am Ende der Sendung - obwohl es soviel über diese Zeit zu sagen gibt. Wie sie aus dem 2. Vatikanum entstanden ist, wie der Orden Bruder Lukas alle Freiheiten und viel Vertrauen gab, den richtigen Weg zu finden: unter den Armen zu leben und zugleich den Kontakt in die Benediktinerabtei nicht zu verlieren. Über die Jahre fanden sich gangbare Wege. "Eine Woche habe ich in Köln gelebt, eine in der Abtei".
Die Mutter - eine mutige Frau
Lange verharren wir in seiner geborgenen Kindheit, seiner Jugend im Krieg. Dem Großvater, der selber ein begabter Maler war. Und der Zeit der Nationalsozialisten. "Alles was vor dem Krieg war, war wie von einem Schleier verhangen", erzählt Bruder Lukas. Die Erinnerungen waren verschüttet. Erst nach einem Schlaganfall vor zwei Jahren waren sie plötzlich wieder da.
Bewegende Geschichten berichtet Bruder Lukas, vor allem, wenn er von seiner Mutter erzählt. Die er überraschend z.B. nachmittags mit Freunden im Park antraf. Da saß sie auf einer gelbgestrichenen Bank, nur für Juden, schickte die Kinder weiter. Oder als er eines Tages nach Hause kam, mitten in ein konspiratives Treffen, kurz vor dem Attentat auf Hitler. Lange verweilen wir in dieser Zeit. Geschichten, von Menschen, die sich nicht anpassten, haben wir gerade vielleicht am Allernötigsten.
Bergpredigt als Schlüssel
Nach dem Krieg studierte der junge Ruegenberg Malerei. Bei bekannten Meistern, wie Schmidt-Rottluff z.B.. Aber er suchte dem Leben einen Sinn abzuringen - und fand ihn in der Bergpredigt: "Das war pragmatisch, das konnte man tun: den durstigen Wasser geben, den Fremden aufnehmen."
Die Abtei ist sein zu Hause, die Bergpredigt der Kompass seines Lebens, die Menschen im Bilderstöckchen und in der Ukraine, in Polen, seine Freunde. Und in seinen Bildern, Büchern und Fenstern, erzählt Bruder Lukas von allem, was ihn in den beiden Welten bewegt: der sichtbaren. Und der unsichtbaren.
"Am Ende bin ich glücklich geworden", sagt Bruder Lukas.
(Erstausstrahlung: 11.11.2018)