Während der Zeremonie streute der Erzpriester der Vatikan-Basilika, Kardinal Angelo Comastri, dem Papst Asche aufs Haupt, als Zeichen der Buße und Reue. Danach teilte Benedikt XVI. den anwesenden Kardinälen und Bischöfen das Aschenkreuz aus.
Schweigend und zu Fuß zog Benedikt XVI. zum letzten Mal zu einer großen liturgischen Zeremonie in den Petersdom ein. Zunächst begab er sich in die Vorhalle der Basilika. Von dort aus führt die Bußprozession zum Gesang der Allerheiligen-Liturgie durch das Mittelschiff der Vatikan-Basilika zum Papstaltar. Nach der langen Reihe der Kardinäle, Bischöfe und Ordensleute folgte der Papst, der dabei - wie schon in den vergangenen Jahren - die fahrbare Plattform benutzte. Tiefernst und gesammelt leitete er anschließend die Zeremonie.
Die Fastenzeit sei eine Zeit der Umkehr zu Gott, betonte der Papst in seiner Predigt. Diese Umkehr und Reue betreffe den Einzelnen, aber auch die Gemeinschaft der Kirche. Ihr Antlitz sei manchmal verunstaltet, sagte Benedikt XVI. und verwies auf "Schläge gegen die Einheit der Kirche, auf Spaltungen im Leib der Kirche".
"Die Umstände haben es angeraten", die Feiern von der eigentlichen Stationskirche Basilika Santa Sabina auf dem Aventin in den Petersdom zu verlegen, so der Papst: "Für mich ist das ein geeigneter Anlass, allen zu danken, vor allem den Gläubigen der Diözese Rom, während ich mich anschicke meinen Petrusdienst zu beenden." Weiter sagte er: "Erbitten wir die Fürsprache des Apostels Petrus für die Kirche in diesem besonderen Moment." Die Gläubigen bat er um eine besonderes Gedenken im Gebet.
Rivalitäten überwinden
An der Messe im Petersdom nahmen viele Gläubige des Bistums Rom teil. In den ersten Reihen saßen zudem die Mitglieder des beim Vatikan akkreditierten Diplomatischen Corps, das zu diesen Anlass besonders zahlreich anwesend war.
Die Gläubigen sollten die Fastenzeit in einer intensiveren kirchlichen Gemeinschaft leben und Individualismen und Rivalitäten überwinden, empfahl Benedikt XVI. Dies wäre ein demütiges und kostbares Signal gegenüber denen, die dem Glauben fernstehen oder gleichgültig gegenüberstehen. Denn auch heute seien viele Menschen bereit, angesichts von Skandalen und Ungerechtigkeiten, die andere begingen, zu protestieren. Wenige aber schienen bereit, selbst zu bereuen und umzukehren.
Die Rückkehr zu Gott führe schließlich über das Kreuz von Golgotha, über den Tod Christi über seine Selbsthingabe und über seine Nachfolge, so der Papst in seiner Predigt. Jeden Tag müsse man sich neu bemühen, den Egoismus und die Selbstverschlossenheit zu überwinden und Gott Raum zu öffnen, der das Herz öffne und umforme.
Bei seiner Generalaudienz hatte Papst Benedikt XVI. zuvor allen Gläubigen für die Liebe und das Gebet gedankt, mit dem sie sein Pontifikat begleitet hätten. Er habe sich "in voller Freiheit zum Wohl der Kirche" entschlossen, auf sein Amt zu verzichten, erklärte er im Vatikan versammelten Besuchern. Nach langem Gebet und vielen Überlegungen sei er zu dieser schwerwiegenden Entscheidung gekommen; er habe sich nicht mehr in der Lage gesehen, das Petrusamt mit den dafür erforderlichen Kräften auszuführen. Sichtlich bewegt bedankte sich der 85-Jährige für den langen Applaus und für den "Ausdruck der Sympathie".
"Wie ihr wisst, habe ich mich entschlossen, auf das Amt, das Gott mir am 19. April 2005 übergeben hat, zu verzichten", sagte Benedikt XVI. zu Beginn der Audienz. Es war er sein erster öffentlicher Auftritt, seit er am Montag seinen Rücktritt für den 28. Februar angekündigt hatte.
"In diesen für mich physisch schwierigen Tagen"
Wörtlich führt er aus: "Ich habe dies in voller Freiheit zum Wohl der Kirche getan, nachdem ich lange gebetet und mein Gewissen vor Gott geprüft habe. Ich bin mir der Schwere dieses Vorgangs bewusst, aber gleichzeitig ist mir klar, dass ich nicht mehr in der Lage bin, das Petrusamt mit der Kraft auszuüben, die es verlangt. Mich unterstützt dabei die Gewissheit, dass die Kirche Christus gehört, der es ihr gegenüber nie an seiner Führung und Sorge fehlen lassen wird. Ich danke allen für die Liebe und für das Gebet, mit dem sie mich begleitet haben. Betet weiterhin für den Papst und für die Kirche. Ich habe in diesen für mich physisch schwierigen Tagen die Kraft des Gebetes gespürt." Die Pilger würdigten die Worte des Papstes mit Applaus.
"Was zählt wirklich in unserem Leben?", fragte der Papst anschließend in seiner Katechese. Diese stand ganz im Zeichen der Fastenzeit. Der Papst rief zu einem "Weg der Umkehr" auf. "Umkehr bedeutet hier, die rechte Ordnung anzuerkennen, Gott den richtigen, das heißt den ersten Platz zu geben. Dann kehren wir uns zu Gott hin, zu unserem Schöpfer und der Quelle aller Liebe. Diese innere Bekehrung, diese Hinkehr zu Gott, verlangt unsere ganze Entschiedenheit gerade in unserer Zeit, in der so vieles den Werten des Glaubens entgegensteht. Und erst in dieser Hinwendung zu Gott wird unser Leben recht und wir finden unseren Frieden."
Im italienischen Redetext unterstrich der Papst die Notwendigkeit beständiger Umkehr und Erneuerung des Glaubens; Christen stünden heute im persönlichen und öffentlichen Leben vor zahlreichen Herausforderungen. Der Papst zählte hier unter anderem die Gefährdung der christlichen Ehe und des Lebensschutzes auf sowie Tendenzen in einer säkularisierten Welt, die den Glauben aufweichen.
Bis zum gewohnten Dienstschluss an seinem letzten Tag im Papstamt wird Benedikt XVI. seinen Dienst als Oberhaupt der Universalkirche vollständig versehen. Das Ende des Pontifikates am 28. Februar um 20.00 Uhr habe keine juridischen oder operativen Gründe, stellte Vatikansprecher Federico Lombardi am Dienstag vor Journalisten klar. Für den Papst habe der Feierabend gewöhnlich um 20.00 Uhr begonnen - und zu diesem Zeitpunkt beginne auch die Sedisvakanz.
Zerstörung des Fischerrings
Einen offiziellen Rechtsakt zum Ende des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. wird es laut Vatikansprecher Lombardi nicht geben. Dies sei nicht erforderlich, nachdem Benedikt XVI. seinen Amtsverzicht frei und eindeutig mitgeteilt habe und dieser laut dem Kirchenrecht nicht von jemandem angenommen werden müsse. Die Zerstörung des päpstlichen Fischerrings und des Amtssiegels erfolge in privater Form.
Benedikt XVI. wird den Vatikan nach Angaben Lombardis am 28. Februar gegen 17.00 Uhr, wenige Stunden vor dem offiziellen Ende seiner Amtszeit, verlassen, um sich per Hubschrauber nach Castel Gandolfo zu begeben. Zuvor werde das Kirchenoberhaupt um die Mittagszeit in der Sala Clementina des Apostolischen Palastes die Kardinäle der Kurie begrüßen.
Vor seinem Pontifikatsende will Benedikt XVI. noch mit dem italienischen Staatpräsidenten Giorgio Napolitano und dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mario Monti zusammentreffen, wie Lombardi weiter mitteilte. Die private Audienz für Monti sei für Samstagnachmittag, die für Napolitano für 23. Februar vorgesehen, also nach Abschluss der Fastenexerzitien. Ansonsten werde Benedikt XVI. sein vorgesehenes Programm absolvieren. Audienzen über die bereits geplanten hinaus seien unwahrscheinlich, so der Sprecher.
Weiter Unklarheit bestehe über seinen künftigen Namen und Titel, so Lombardi weiter. Das müssten Kirchenjuristen noch klären. Er werde jedoch nicht in den Rang eines Kardinals zurückgestuft, betonte Lombardi. Aber ob er dann als "zurückgetretener Papst" oder "emeritierter Bischof von Rom" zu bezeichnen ist.
Letzte Gelegenheiten
Es gibt noch mehrere Gelegenheiten für die Gläubigen, Benedikt XVI. zu begegnen. An jedem kommenden Februar-Sonntag begrüßt er die Pilger auf dem Petersplatz zum gemeinsamen Mittagsgebet. Am 27. Februar findet die übliche Generalaudienz statt. Der 27. Februar ist nach bisherigem Stand die letzte öffentliche Veranstaltung mit Papst Benedikt XVI. Mit Blick auf zu erwartende höhere Teilnehmerzahlen soll sie nicht in der Audienzhalle, sondern auf dem Petersplatz stattfinden.
Ob und welche Ernennungen der Papst in den kommenden Wochen noch vornimmt, ist vollkommen unklar. Sowohl die Katholiken in Erfurt wie die in Passau warten auf einen neuen Oberhirten. Seine Enzyklika über den Glauben wird sicher nicht mehr erscheinen. Und eher unwahrscheinlich ist, dass der neue Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller (65), in diesem Pontifikat noch den Kardinalspurpur erhält. Er dürfte wohl nicht mit ins Konklave einziehen - zumal die Deutschen mit sechs Wählern dort mehr Teilnehmer zählen als etwa die großen Ortskirchen von Brasilien oder Mexiko.
Abschied noch unklar
Nach seinem Rücktritt wird Benedikt XVI. mittelfristig in das "Mater Ecclesiae"-Kloster im Vatikan seine Residenz finden. Die letzte Ordensgemeinschaft, die dort ein Leben in Gebet und Klausur führte, war im November ausgezogen. Seither wird das Gebäude renoviert. Wann Benedikt XVI. von seinem Zwischenaufenthalt mit seinen Büchern und Akten in das Klostergebäude im Schatten des Johannes-Turms umziehen kann, ist noch unklar.