„Identität oder Biographie ist auch ein Spiel“, sagt Judith Kuckart im domradio.de Interview. Vera kommt aus zerrütteten Familienverhältnissen. Sie hat schon ganz früh begriffen, dass man sich eine andere Identität erspielen kann. „Für die Zeit des Spiels funktioniert das Versprechen, dass man während dieser Spielzeit glücklich sein kann“, sagt die Autorin. In der Kindheit hat ihre Romanheldin Vera in einem Kino-Film mitgespielt. Da war sie glücklich. Doch sie ist zu schüchtern, um Schauspielerin zu werden. „Ihr Gang nach London, ist auch ein Gang auf eine andere Bühne, an einen anderen Ort.“ Vera schlüpft dabei in die Rolle einer anderen Person. Doch sie erkennt gegen Ende des Romans: „Weg bin ich wegen all der Leute hier, die ich schon solange kenne. Aus dem gleichen Grund bin ich wieder zurückgekommen. Ich dachte immer, das ist schlimm, dass ich bei uns nur die sein kann, die alle kennen. Jetzt weiß ich, genau die kann ich nur sein.“
Judith Kuckart erzählt in „Wünsche“ die Geschichte eines „geglückten Scheiterns“. Wenn man scheitert habe man wenigstens mal den Mut gehabt zu versagen, erzählt sie, und das sei eine große Qualität. „Das Schlimmste ist doch, wenn man nicht mal den Mut hat zu versagen und gar nichts macht“.
Neben Vera spielen in Judith Kuckarts Roman aber auch noch andere Personen eine wichtige Rolle. Ihre beste Freundin Meret oder Friedrich Wünsche, der die Wiedereröffnung eines Warenhauses plant. Er hat es geerbt und hat große Pläne. Was wäre ein besserer Ort für Utopien als „Haus Wünsche“. Weiter erzählt Kuckart von einem anglikanischen Reverend, den Vera in London trifft und der so alt wie Vera ist, ein sympathischer Kerl, tätowiert und offen für die Welt: „Ich bin katholisch aufgewachsen“, sagt Judith Kuckart: „Ich kenne aus meiner Jugend solche dynamischen Priester, die sich damals als Arbeiterpriester sahen und mit dem Motorrad fuhren. Später haben die alle geheiratet“. Im Roman beichtet Vera bei dem Reverend, das gehört zu ihrem Neuanfang, sie fühlt sich danach unschuldig. Ein Erlebnis, das auch Judith Kuckart aus ihrer Kindheit kennt: „Wir fühlten uns nach der Beichte damals um vier Kilo leichter“, sagt sie.