Oder: was ist dein Traum, dein Abenteuer?

Billy will tanzen

Im Finale hat der kleine Billy es geschafft. Er ist ein großer Tänzer geworden. Zur Musik von Tschaikowskys Schwanensee setzt ein hünenhafter Balletttänzer zu einem atemberaubenden Sprung in den Bühnenhimmel des Royal Theatres in London an. Gebannt schaut unser Kleiner ihm dabei zu.

Ballettschuhe / © Daderot
Ballettschuhe / © Daderot

Er hat einen Filmabend mit Mama und Papa frei. Die Großen sind auf Skifahrt.

So sitzen wir drei auf der Couch und die Spannung fällt nur langsam von uns ab. Auch bei uns Erwachsenen. Obwohl wir den Film: "Billy Elliot, I will dance" schon so oft gesehen haben. Die Geschichte hat den Kleinen hart gefordert. Nicht nur, weil er noch wenig weiß, über das England der 80er Jahre, in dem sowieso schon arme Bergwerksfamilien noch ärmer und Solidarität ein Fremdwort wurde. Sondern auch, weil der kleine Billy kein normaler Junge sein will. Er will nicht boxen. Er will Ballet tanzen. Gegen alle Widerstände, schließen tanzen Jungs kein Ballet, muss Billy seinen Traum erwachen lassen.

Auch gegen den Vater. In einer  Szene tanzt er gegen seinen Vater an, tanzt um sein Leben. Zeigt sein enormes Talent, seine wilde Entschlossenheit, enthüllt seine Seele. Jetzt versteht der Vater: wenn Billy nicht tanzt, wird er nicht Billy. Als Billy am Ende der athletische, die Schwerkraft in anmutiger Perfektion überwindende große Tänzer geworden ist, weint der Bergmannsvater im Publikum vor Freude. Billy durfte Billy werden. Kann allen Menschen schenken, was nur er zu geben hat.

Der Film hat in der Nacht in unserem Kind weitergearbeitet. Es hat noch mehr auf dem Herzen. Es will Organist werden. Sehnt herbei, dass seine Finger und Füße die Orgel zum brausen bringen können. Aber welcher kleine Junge will das schon? So hat der Kleine, als der Musiklehrer fragte, welche Kinder ein Instrument spielen, seine Orgel schamhaft verschwiegen.

Wie wird ein kleines Herz stark? Stark gegen die schreckliche Angst, uncool zu sein? Z.B. mit einem Blick in die Glaskugel: Stell dir vor, du bist groß, sitzt in der Kirche und kannst nur Orgel hören, nicht spielen. Wie fühlt sich das an? Das Kind ist blass geworden. Nicht auszudenken? Gut, dann: weiterüben. Erleichtert nimmt das Kind seine Noten und übt.

Derweilen reden wir über Träume, die so tief aus dem Herzen kommen, dass man sie leben muss. Tanzen wie Billy. Oder Orgel spielen, wie unser Kleiner.

Und wie reich die Welt wäre, wenn wir alle unsere tiefsten Träume im Herzen aufweckten.