Der etwas andere Preis

Die im Dunkeln sieht man doch

"Denn die einen sind im Dunkeln/ und die andern sind im Licht /und man siehet die im Lichte/ die im Dunkeln sieht man nicht." So dichtet Bertolt Brecht in seiner Dreigroschenoper. Und wir sind alle sehr geneigt, ihm zu glauben. Vor allem, wenn wir uns im Dunkeln wähnen. Eine Gemeinde am westlichen Rand der Republik wollte das nicht länger hinnehmen. Und lobte zur Jahrtausendwende den Godehardpreis für die aus, die man nicht sieht. Aber sehen sollte.

hölzerner St. Godehard / © Gemeinde St. Godehard Vorst
hölzerner St. Godehard / © Gemeinde St. Godehard Vorst

Mit dem Preis will die Gemeinde die ehren will, die nie geehrt werden. Aber wie selbstverständlich eine Arbeit übernehmen. Und dabei nicht darauf achten, ob das, was sie tun, im Licht passiert. Oder im Dunkeln. Und also übersehen wird.

Mit diesem Godehard Preis will die Gemeinde einmal im Jahr an ihrem Neujahrsempfang in genau dieses Dunkel des Übersehenwerdens ihr Scheinwerferlicht werfen. Benannt ist der Preis nach dem Schutzpatron der Gemeinde, dem heiligen Godehard. Zum Patronatsfest kommen Godehardpilger von weit her und werden mit einer Art Glockenspiel, das  nur noch wenige Menschen beherrschen, begrüßt.

So traditionsbewusst die Gemeinde einerseits, so weit schaut sie andererseits über den Tellerrand. Das weltweit größte Medikamentenhilfswerk, action medeor, ist in den 60ern im  Ort entstanden und hat bis heute seinen Sitz hier. Und die Not der 90er in Rumänien ließ die Menschen eine verlässliche  Rumänienhilfe aufbauen.

Wie weit der Gemeindehorizont aber wirklich reicht, zeigt nicht zuletzt der Preis selbst: eine hölzerne Godehard Figur nach dem Vorbild des steinernen Godehards am Hauptportal. Geschnitzt von einem Künstler aus Burundi. Wo die Gemeinde sich  seit  Jahrzehnten engagiert. Verantwortung für behinderte Jugendliche trägt.

Die Jury ist um Originalität nicht verlegen. Dieses Jahr hat sie es besonders spannend gemacht: Keine Frau. Kein Mann. Kein Ehepaar. Keine  Familie. Keine feste Gruppe. Wer bleibt?
Die jungen Leute der Kolpingfamilie, die in wechselnden Besetzungen das große  Zeltlager auf Ameland ausrichten. Seit 1976. Ohne Pause. Also seit 38 Jahren. Längst ist die dritte Generation in die Verantwortung eingebunden. Als der Pfarrer alle aktuellen Mitarbeiter des Ferienlagers auf die Bühne bittet, muss diese wegen Überfüllung beinahe geschlossen werden.
Ein schönes Bild. Im Saal brandet Beifall auf. Und vielleicht auch Hoffnung: Denn es gibt sie also doch noch. Die jungen Leute in der Kirche.#

Die auf der Bühne strahlen. Weil sie im Dunkeln doch gesehen wurden.