"Windzüge“ so heißt der neue Gedichtband des Lyrikers, der zugleich Theologe ist. Er leitet das liturgiewissenschaftliche Institut der Universität Leipzig. Christian Lehnert ärgert sich häufig darüber, dass sich, wenn er als Theologe und Dichter vorgestellt wird, die Brille sofort verengt: "Man wird dann oft nur noch unter einem Fokus wahrgenommen. Das ist schade, weil meine Gedichte oft gar nicht einen theologischen Grund haben – sie sind Naturgedichte, sie bewegen sich in die Weite des Lebens, aber dennoch aus einem christlichen Hintergrund“.
Gedichte und Gebete seien sich durchaus ähnlich, sagt Lehnert. Die poetische Form und das suchende Sprechen seien vergleichbar: "Gebet und Gedicht greifen in den Raum des Unsagbaren, des unsagbaren Geheimnisses Gottes oder eben des Geheimnisses der Wirklichkeit“, sagt Lehnert. Auch sei die Lyrik aus einer religiösen, kultischen Sprachform entstanden, dieses Erbe nehme das Gedicht mit, es habe eine andere Sprache, eine Sprache unter der Sprache. "Eine tiefere Sprache kommt hier zum Klingen“, sagt der Dichter. Die Sprache eines Gedichts könne etwas fast magisch ins Leben rufen: "Das ist ein Schöpfungsakt, denn das Bild, das das Gedicht vor Augen führt, ist genauso wirklich wie die realen Bilder, die wir im Alltag sehen“.