Die Nachtkerze

Sommerpracht für eine Nacht

Die Sommernächte im Garten gehören bis in den September hinein der Nachtkerze. Abends öffnet sie für Nachtschwärmer ihre Blüten.

Die Nachtkerze / © St.Q.
Die Nachtkerze / © St.Q.

Es ist ein Schauspiel, das man nur selten mitbekommt, und das in der Pflanzenwelt Mitteleuropas einmalig ist: wenn es in den Augustwochen Abend wird, öffnen sich die luftig, fluffig gelben Blüten der Nachtkerze und sie öffnen sich nur für diese eine Nacht. Schon am folgenden Mittag hängen sie schlapp und verblüht herab.

Turbopflanze für Nachtschwärmer

Eilig hat es die Nachtkerze: Ihre Blüte entfaltet sich binnen weniger Minuten. In einer einzigen fließenden Bewegung. Wann genau dieses tägliche Wunder geschieht, richtet sich nach Abenddämmerung, Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Ist die Blüte offen, startet sie den zweiten Turbo: Innerhalb einer halben Stunde entwickelt sich ihr Duft von Null auf Hundert. Er ist so intensiv süßlich, dass ihn manche schon wieder als lästig empfinden. Doch die nachtschwärmenden Falter lieben den Duft.

Zu Hause ist die Nachtkerze ursprünglich in den östlichen und zentralen Regionen Nordamerikas. Aber mit Heimat hat die Pflanze wenig im Sinn. Auch in Europa hat sie nach dem Import durch Blumenliebhaber die Gartenzaungrenzen schnell ignoriert und verwilderte. Mitte des 18. Jahrhunderts nannte man sie schon Unkraut.

Blüte erst im zweiten Jahr

Die winzigen Samen der Nachtkerze - gerade mal ein tausendstel Gramm leicht – fliegen schon beim leisesten Windhauch aus ihren Kapseln. Allerdings erst, wenn die ganze Pflanze abgestorben ist. Keimt der Samen, braucht die Pflanze Jahre bis zur Blüte. Im ersten Jahr bildet sie eine am Boden liegende Blattrosette. Mit diesem "Sonnenkollektor" sammelt sie einen Sommer lang Energie. Damit kann sie dann im zweiten Jahr einen bis zu 2 m hohen Stiel entwickeln, an dem sich von Anfang Juni bis Ende September immer wieder neue Blüten entfalten.

Ansprüche stellt die Nachtkerze nicht, trockene Böden, eher nährstoffarm aber gern kalkhaltig, genügen ihr. Kiesgruben, Wegränder, überhaupt Brachland liebt sie und bildet ganze Blütenteppiche. Der eigene Anbau ist unproblematisch, die Nachtkerze baut sich quasi selbst an. Neben der Gemeinen Nachtkerze "Oenothera biennis" gibt es schöne Züchtungen auch in weiß und rosa.

Die Nachtkerze ist essbar und gesund

Wenn auch die Blüte schnell dahin ist – der wahre Gärtner, die wahre Gärtnerin, trauert nicht. Denn nach dem Augenschmaus ist die Nachtkerze auch ein Gaumenschmaus. Sie ist bestens zum Verzehr geeignet und natürlich auch gesund. Blüten, Blätter, Samen, Wurzeln, alles ist essbar, wohl deshalb ist die Nachtkerze schon solange in Bauerngärten heimisch. Die Wurzeln lassen sich, zumindest im Jahr vor der Blüte, wie Schwarzwurzeln zubereiten.

Das Öl aus dem Samen nutzten schon die Indianer Nordamerikas als Heilmittel. Um es zu gewinnen, wird sie großflächig angebaut. In der Naturheilkunde wird das Nachtkerzenöl bei Hautproblemen wie Neurodermitis empfohlen. Auch Migräne, Asthma, Rheuma und Folgen von Diabetes werden damit behandelt. Ebenso Beschwerden durch Menstruation oder Wechseljahre. Allerdings sind die zugeschriebenen Wirkungen nicht unumstritten.

Auf jeden Fall ist die Nachtkerze als Gemüse erprobt und ziert gern auch Salate. Und eben: sie ist ein Augenschmaus. Wer früh aufsteht, kann die Blütenpracht der Nachtkerze im Morgenlicht genießen. Gerade jetzt in diesen Tagen, wenn das Sonnenlicht kostbar wird. (Claudia Vogelsang)


Nachtkerze auf Brachland / © St.Q.
Nachtkerze auf Brachland / © St.Q.

Nachtkerze im ersten Jahr / © St.Q.
Nachtkerze im ersten Jahr / © St.Q.