Alle Menschen seien befähigt und aufgerufen, "mitzuwirken am Heil und am Frieden der Welt", sagte Woelki in der Nacht auf Freitag in der Christmette im Kölner Dom. Dies geschehe, indem man Menschen in Not helfe und anderen Zuwendung und Zuneigung schenke.
"Dort, wo wir in Kleinkriegen und Stellvertretungskriegen verwickelt sind, wo wir mit Schlagworten aufeinander eindreschen und uns und andere kaputt machen, dort steht der Friede auf dem Spiel", sagte Woelki in seiner Weihnachtspredigt. Jesus sei an Weihnachten als Kind in der Krippe gekommen, um den Menschen seine Liebe und seinen Frieden zu bringen. Dieser Friede müsse sich im Leben jedes Menschen zuerst in den Beziehungen zu seinen Mitmenschen zeigen.
Eine Veränderung der Welt und der Menschen könne man nicht mit Gewalt herbeizwingen, sondern nur über eine Verwandlung der Herzen, sagte Woelki: "Deshalb kommt Gott in dem Kind in der Krippe so ohnmächtig, so entwaffnend ohnmächtig und arm daher. Deshalb markiert er nicht den starken Mann, wie es manche Staatsoberhäupter bis heute tun." Mit Jesus sei eine neue Art von Herrschaft in die Welt gekommen, sagte Woelki. "Er kommt in äußerer Ohnmacht, aber mit der Macht seiner Liebe."
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, ermunterte dazu, sich angesichts der Krisen weltweit auf die identitätsstiftende Kraft des Weihnachtsfestes zu besinnen. Marx erinnerte in seiner Predigt im Münchner Liebfrauendom daran, dass Europa trotz einer Geschichte der Gewalt und des Unrechts immer wieder habe lernen dürfen, "dass mit diesem Kind von Bethlehem eine neue Schöpfung und damit eine neue Lebensperspektive" eröffnet worden sei. Weihnachten bedeute mehr als eine "liebgewordene Tradition oder sentimentale Folklore".
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat sich an Heiligabend gegen eine Abschottung vor Flüchtlingen gewandt, wie sie in einigen europäischen Ländern zu beobachten sei. Die Kirche stehe an der Seite der Flüchtlinge, die aus existenzieller Not ihre Heimat verlassen hätten, sagte Overbeck in der Christmette am Donnerstagabend im Essener Dom. Die Flüchtlingskrise, "diese gar nicht weihnachtliche Herbergssuche so vieler", sei eine "europäische Herausforderung" und europäisch zu lösen.
Eine verantwortliche Politik muss laut Overbeck mehr und mehr imstande sein, Flüchtlingsströme zu lenken. Dazu gehöre es, die Aufnahmekapazitäten anderer Länder zu stärken und zu verbessern. Und Deutschland müsse schmerzlich neu lernen, was lange verdrängt worden sei: "Wir sind ein Einwanderungsland", so der deutsche katholische Sozialbischof.
In der Flucht und Herbergssuche so vieler Menschen spiegeln sich nach den Worten Overbecks die Versäumnisse der Politik in der Vergangenheit. Die Entwicklungshilfepolitik in Afrika zeige auch nach Jahrzehnten wenige Ergebnisse. Der "Arabische Frühling", den viele mit sehr hehren Motiven begrüßt hätten, habe "eine politische Destabilisierung der Pufferzonen vor den Toren Europas unterstützt".
Eine Bekämpfung der Fluchtursachen könne nur langfristig angelegt sein, sagte Overbeck. Einfache Rezepte gebe es nicht. "Was Papst Franziskus in einem anderen Zusammenhang in seiner Enzyklika 'Laudato si' gesagt hat, erleben wir: Alles hängt mit allem zusammen - die Euro-Krise, der Ukraine-Konflikt, die Energieversorgung, der Klimawandel, die Armutsbekämpfung, die Flüchtlingsströme et cetera." Deshalb seien vorrangige Ziele zu entwickeln, um nach einer akuten Krisenbewältigung zu einer neuen Ordnung zu gelangen.
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann rief zu einem angstfreien und offenen Umgang mit Flüchtlingen auf. "Wer sich in Gott beheimatet weiß, der kann anderen mit einer ungeahnten Freiheit und Großzügigkeit begegnen", sagte Ackermann in der von der ARD übertragenen Christmette im saarländischen Püttlingen.
Hamburgs Erzbischof Stefan Heße betonte in der Christmette im Dom der Hansestadt, wie wichtig menschliche Wärme gegenüber denen sei, deren Leben aus Dunkelheit und Kälte bestehe.
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger betonte, die Weihnachtsbotschaft bestehe auch darin, hinter die Fassaden zu sehen und für die Schattenseiten des Lebens sensibel zu werden.
Der Diözesanadministrator des Bistums Dresden- Meißen, Andreas Kutschke, sagte, die Botschaft könne den Blick dafür schärfen, was jeder Mensch brauche, um froh zu werden: Frieden, Menschenrechte, Heimat und Angenommensein.
Der Aachener Diözesanadministrator, Weihbischof Karl Borsch, hat die Christen zu einem mutigen Bekenntnis aufgerufen. "Christen dürfen sich nicht abriegeln, dürfen sich nicht einschließen und absichern vor der Welt", sagte der Übergangsverwalter der Diözese an Heiligabend in der Christmette im Aachener Dom. Die Kirche bleibe nur dann die Kirche Jesu Christi, wenn sie sich wie er in die Fremde herauswage.
Mit der Geburt seines Sohnes habe sich Gott klein gemacht und in die Fremde gewagt, so Borsch. Damit lasse er sich auf die Situation der Menschen ein. "Gott begegnet uns auf Augenhöhe." Wenn schon Jesus im Stall zur Welt komme, "dann dürfen wir keine Angst davor haben, uns die Hände schmutzig zu machen".
Der Weihbischof warf die Frage auf, ob angesichts von Terror, Gewalt und Katastrophen Weihnachtsfreude angemessen sei. Zugleich forderte er dazu auf, an Weihnachten nicht über die Finsternis zu lamentieren, "sondern wir wollen sagen, dass wir in unserer Dunkelheit Sehnsucht haben nach dem Licht, dass wir in der Kälte Sehnsucht haben nach der Wärme". Und diese Sehnsucht erfülle sich in dem Kind Jesus. "In dieser Geburt ist Platz für jedes Leben, für jede Freude und für jede Traurigkeit, für jede Enttäuschung und für jede Angst."
In Bamberg sagte Erzbischof Ludwig Schick, dass das Heranwachsen von Kindern in Liebe und Frieden der beste Schutz gegen Radikalisierung sei. In der Familie werde soziales Verhalten gelernt, würden Werte und Tugenden entwickelt, so Schick am Heiligen Abend im Bamberger Dom.
Das Weihnachtsfest erinnert nach Ansicht des Münsteraner Bischofs Felix Genn unmittelbar an die christliche Verantwortung für Menschen in Not. Man könne nicht die Krippe anschauen, ohne sich beunruhigen zu lassen vom Schicksal der Asylsuchenden und der Heimatlosen, sagte Genn am Heiligabend in der Christmette im St.-Paulus-Dom in Münster. Zwar müssten angesichts der Flüchtlingskrise auch organisatorische und politische Fragen diskutiert werden. Der Christ aber stehe in der Verpflichtung, "die sich aus dem ergibt, was wir in dieser Nacht feiern und bekennen: Gott, der als Kind in die Not dieser Welt eingewickelt wird", mahnte der Bischof.
In Jesus sei Gott Mensch geworden und habe alle menschlichen Situationen angenommen: Armut, Obdachlosigkeit, Kreuz und Grab, sagte Genn. "Im neugeborenen Kind von Bethlehem bricht die Herrschaft der Liebe an, so dass Friede und Gerechtigkeit möglich sind", führte der leitende Theologe des Bistums Münster weiter aus.
Jesus sei in große Armut hineingeboren worden, als ein Kind in einer Krippe. Das christliche Engagement und jeder Einsatz für Hilfebedürftige ergebe sich aus diesem Geschehen, betonte Genn. Christen dürften deshalb nicht mehr um sich selbst kreisen. Wollten sie mit der Not ihrer Mitmenschen nichts zu tun haben, müssten sie sich auch fragen, was sie sich damit selbst nehmen. "Zieht uns Weihnachten nicht gerade an, weil es die tiefste Sehnsucht unseres Herzens berührt, nämlich ohne jeglichen Vorbehalt angenommen zu sein?", gab der Bischof zu bedenken.
Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef-Becker hat in seiner Weihnachtspredigt zu Solidarität mit Kriegsopfern, Hungernden und Flüchtlingen aufgerufen. Medien berichteten von hohen Zahlen an Betroffenen, sagte er an Heiligabend im Paderborner Dom. "Aber es sind immer Menschen, konkrete Menschen und Gesichter mit persönlichen Schicksalsschlägen und persönlichen Zusammenbrüchen."
Das Weihnachtsevangelium stellt nach den Worten von Becker Jesus als Retter in den Mittelpunkt. Dabei schienen die täglichen Erfahrungen oft gegen ihn zu stehen. Aber auch wenn die Welt noch so bedroht und gefährdet sei, bleibe sie "angebunden an den Himmel", so der Erzbischof. Überdies behalte Gott seinen Himmel nicht für sich, "sondern er verbündet sich mit menschlicher Endlichkeit, menschlichem Geborenwerden, menschlicher Not und Armut, menschlichen Ängsten und menschlichem Tod".
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat Heiligabend zusammen mit Flüchtlingen am Münchner Hauptbahnhof gefeiert. Ein Bahnhof sei ein passenderer Ort für die Weihnachtsbotschaft als Kirchen oder eine romantische Weihnachts-Kulisse, sagte Bedford-Strohm bei einer Christvesper in der Schalterhalle vor Flüchtlingen, ehrenamtlichen Helfern und Reisenden. Auch Jesus sei auf der Durchreise geboren worden, hinein in eine Welt voller, Hass, Armut und Gewalt.
Die Weihnachtsbotschaft sei die "größte Revolution", die die Welt je gesehen habe, weil sie den Glauben direkt in die Welt hinein bringe, sagte der bayerische Landesbischof. Deshalb gehörten nach der Geburt Jesu der christliche Glaube und die tätige Sorge für die Mitmenschen untrennbar zusammen.
Die Weihnachtsbotschaft gebe auch die Kraft, die Herausforderungen durch Flucht und Vertreibung zu bestehen, sagte Bedford-Strohm. Er habe große Hochachtung vor dem Engagement und den organisatorischen Fähigkeiten der Behörden und Hilfsorganisationen, die sich bei Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge gezeigt hätten.
Allerdings sei die Situation von Flüchtlingen in den Erstaufnahme-Einrichtungen oft bedrückend. Viele von ihnen lebten in Ungewissheit über ihre Zukunft. Die Asylverfahren dauerten zu lange, weil Personal fehle, kritisierte der Bischof in seiner auf Englisch gehaltenen Predigt. Deshalb seien Menschen, die mit großen Hoffnungen gekommen waren, inzwischen ernüchtert durch die Schwierigkeiten, hier Fuß zu fassen.
Angesichts der viele Flüchtlinge hat der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, an Heiligabend an die Solidarität der Menschen appelliert und die Bereitschaft, mit Schwachen zu Teilen. "Es geht schon längst nicht mehr um die sogenannte Willkommenskultur, es geht um die Bereitschaft zum Teilen in unserem Land und weltweit", sagte Rekowski im Festgottesdienst in Düsseldorf.
Jesus Christus rate, sich um den zu kümmern, der vor die Füße gelegt werde, sagte Rekowski. Das seien in diesen Tagen Menschen, die hier Zuflucht suchten. "Menschlichkeit ist unteilbar und bewährt sich in tätiger Fürsorge für die Flüchtlinge."
Das den Menschen zu Weihnachten geborene Kind Jesus habe eine Art "Regierungsprogramm" mit dem Verzicht auf Gewalt mitgebracht, sagte der Präses in seiner Predigt in der Düsseldorfer Johanneskirche: "Das ist der Gegenentwurf, den der gewaltfreie Jesus von Nazareth in die Welt bringt." Dazu gehörten Achtung der Menschenwürde, Zugang zu den wichtigsten Gütern des Lebens, Recht und Gerechtigkeit. (KNA, epd, dpa, domradio.de)