Damit die Fastenzeit zu einer Zeit der Neuausrichtung werden kann, müssen Freiräume geschaffen werden. Einerseits indem man Zeit freihält, andererseits aber auch indem man sich in dieser Zeit auch einmal bewusst von etwas trennt, was viel Zeit kostet, aber vielleicht auch innerlich zu sehr beschäftigt. Vor allem äußerlichen Fasten geht es der Kirche um die Innerlichkeit. Ziel des Fastens ist zuerst die Begegnung mit sich selbst und mit Gott. Damit das gelingen kann, braucht es einen besonderen Rahmen.
In der Fastenzeit geht es vor allem um die Begegnung mit Gott
Vorbild für diese Form des Fastens ist das Handeln Jesu selbst: Die Bibel berichtet, dass Jesus sich vor seinem öffentlichen Wirken in die Wüste zurückzog (vgl. Matthäus 4; Markus 1; Lukas 4). Die Wüste als der karge Ort, wo es nichts gibt - außer der Begegnung mit sich selbst, mit Gott und mit der Versuchung, wie es die Bibel über Jesus erzählt. Eine solche Wüstenzeit, eine wirkliche Auseinandersetzung mit seinem eigenen Inneren, lässt persönlich reifen. Das kann die Stille sein, das vielleicht bewusste Zurückziehen an einen einsamen Ort, in ein Kloster, zu Exerzitien. "Da passiert immer etwas", meint domradio-Theologie-Redakteur Martin Korden. "Dinge, die vielleicht bisher von Alltagssorgen zugedeckt wurden oder bewusst verdrängt wurden nach dem Motto: 'Da will ich nicht dran', kommen dann hoch. Und das ist dann eine Spur, mit Gott wieder tiefer ins Gespräch zu kommen. Dafür ist diese Fastenzeit da."
Fasten? Am Anfang vor allem aus Solidarität zum leidenden Jesus
In solchen Momenten erkennt der Mensch auch, was schief gelaufen ist oder wo es einer Korrektur bedarf im eigenen Leben. Man spürt, wo das Verhältnis zu Gott aber auch zum Mitmenschen neu geordnet werden muss. Es ist die Zeit, in der Fehler eingestanden werden können. Darum nennt die Kirche die Fastenzeit auch die österliche Bußzeit. Es ist die ideale Vorbereitung zum größten Fest der Christen, dem Osterfest. Und genau hier liegt auch ein weiterer Grund des Fastens, der in der letzten Woche vor Ostern gipfelt, der Karwoche beginnend mit dem Palmsonntag. In dieser Woche wird erinnert an die letzten Tage Jesu. Aber es geht dann auch um die bewusste Solidarität mit Christus, noch heute in Erinnerung an diese Tage. Darum gehört es zur Praxis des christlichen Glaubens auch dazu, dass die Entsagung in der Karwoche eine besondere Form findet. In dieser Form begann die Tradition der Fastenzeit in der Frühen Kirche. Es ging zunächst nur um das „Verzicht-Üben“ in Erinnerung an das Leiden Jesu. Im vierten Jahrhundert dann kommt es erstmals zu der 40-tägigen Fastenzeit. Das ist bis heute so.
Warum ausgerechnet 40 Tage?
Dass es gerade 40 Tage sind, liegt im biblischen Vorbild begründet. Dort ist zu lesen, dass Jesus 40 Tage in der Wüste war. Das Volk Israel soll sogar 40 Jahre in der Wüste gewesen sein, nach dem Auszug aus Ägypten. Und genau 40 Tage sind es von Aschermittwoch bis Ostern, allerdings nur, wenn man die Sonntage in dieser Zeit raus lässt. Denn der Sonntag ist als Auferstehungstag Jesu immer ein Festtag. Schon im 5. Jahrhundert hat die Kirche beschlossen, dass der Sonntag kein Fasttag sein soll.