Sonntagsfrage: Wieso sagt man das und wie soll das überhaupt gehen?

Du bist mir auf den Schlips getreten!

Jemandem "auf den Schlips treten" ist – wenn man diese Redensart wörtlich nimmt – gar nicht so einfach: Die Zwei-Meter-Krawatte ist bisher nicht erfunden worden und so wirft der Ausspruch Fragen auf: Wie soll man das Schlipstreten rein akrobatisch bewerkstelligen und woher kommt diese Formulierung?

Anzugträger mit Krawatte / © Christoph Schmidt (dpa)
Anzugträger mit Krawatte / © Christoph Schmidt ( dpa )

Im Grunde genommen liegt in der Entstehungsgeschichte dieser Redewendung ein Missverständnis vor: Gemeint ist nämlich keineswegs der Schlips am Hals, sondern der "Slip". So nämlich wurde auf Niederdeutsch der Zipfel an langen Röcken und Hemden genannt.

Von Fräcken und Schwalbenschwänzen

Der Frack mit seinem langen Rockschoß war vor allem im Biedermeier ein viel getragenes Kleidungsstück. Wer dem Vordermann da beim Gang durch die Stadt auf den sogenannten "Schwalbenschwanz" trat, der durfte sich dessen Unmut sicher sein. Man findet den "Slip" auch in der schleswig-holsteinischen Redensart "Pedd di man ni op’n Slips", was so viel bedeutet wie "Bilde dir bloß keine Schwachheiten ein" oder "Nun mach dir mal bloß nicht ins Hemd!".

Als dann um 1840 die Bezeichnung Schlips für Halstuch und Krawatte aus England nach Nord- und Mitteldeutschland kam, wurde die Redensart im Sprachklang einfach angepasst – und der eigentliche Sinn verschwand so schnell wie der Frack aus der Alltagsmode.

Schmutziger Rock = verärgerter Träger

Aber auch, wenn der Schlips bei der Redensart "jemandem auf den Schlips treten" nichts mit unserer heutigen Krawatte zu tun hat, so lässt sich erahnen, wie es damals abgelaufen ist: Trat man aus Versehen oder mit Absicht auf den Rock seines Vorgängers, konnte das den Eigentümer des Schlipses schon mal verärgern, weil er so ja schmutzig wurde. Ist also jemand schlechter Laune oder verärgert, dann kann es sein, dass ihm wohl jemand "auf den Schlips getreten" ist.

Bei der Redewendung "sich einen hinter den Schlips gießenhingegen ist dann tatsächlich der Schlips im Sinne von Krawatte gemeint. Weit gebräuchlicher ist allerdings die ganz ähnliche Wendung sich einen hinter die Binde gießen oder kippen.