Eigentlich sollte jeder Mensch ein Dach über dem Kopf haben. Eigentlich… Aber alleine hier bei uns in Deutschland gibt es weit über 300.000 Menschen, die Platte machen. Es gibt keine genauen Statistiken – und jeder Obdachlose hat seine ganz eigene Geschichte. Männer sind besonders betroffen, aber auch Frauen und Kinder und Jugendliche leben unter Brücken, schlafen nachts irgendwo in den Ecken unserer Einkaufspassagen. Klar, gesetzlich haben wir das alles gut geregelt – niemand muss hier bei uns auf der Straße leben. Aber das Gesetz greift eben nicht, wenn das Leben völlig aus der Bahn läuft. Wenn man von einen auf den anderen Tag den Job verliert, wenn man vom Partner verlassen wird oder wenn einem die Schulden über den Kopf wachsen. Wenn man sein Leben einfach nicht mehr gemeistert bekommt.
Arme Schlucker, Obdachlose, die von uns oft verächtlich als "Penner" bezeichnet werden, gab es schon immer. Aber immer gab es und gibt es bis heute bewundernswerte Menschen, die ihre Mitmenschen nicht im Regen stehen lassen. Menschen, die Notleidende von der Straße holen und helfen. Ich meine nicht nur die vielen Profis, die, wie hier vom Sozialdienst Katholischer Männer am Kölner Hauptbahnhof, professionelle Hilfe leisten. Ich bin auch besonders dankbar für jeden, der sich ehrenamtlich engagiert.
"Obdachlose aufnehmen" – das ist ein Werk der Barmherzigkeit - und das nicht nur in diesem Jahr, das der Papst zum Jahr der Barmherzigkeit erklärt hat. Christen dürfen Obdachlose niemals übersehen. Wo aber Obdachlosen tatkräftig und unbürokratisch geholfen wird, da öffnet sich der Himmel schon auf Erden.
Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln