Lot Vekemans über ihren Roman "Ein Brautkleid aus Warschau“

"Ich versuche, eine Tür zu öffnen"

"Was da ist, das ist da, und man soll damit leben“, sagt Lot Vekemans. In ihrem Roman "Ein Brautkleid aus Warschau“ erzählt sie von Menschen, die nicht miteinander sprechen und damit das Schicksal anderer bestimmen. Wie kann es gelingen, das Schicksal "sonnig“ werden zu lassen, fragt die Autorin.

Lot Vekemans / © Merlin Daleman (Wallstein)
Lot Vekemans / © Merlin Daleman ( Wallstein )

Am Anfang des Romans hatte die niederländische Autorin das Bild von einer Mutter und einem Sohn vor Augen. Plötzlich verstummt der Sohn. "Ich wollte herausfinden, was da passiert war? Warum spricht der Junge nicht mehr?“, erzählt Vekemans im domradio.de Interview. Ihre Geschichte wurde so auch ein Roman über die Unfähigkeit zu sprechen. Die Mutter, der Vater, die nächsten Angehörigen, sie sind nicht in der Lage über ihre Gefühle, Wünsche, Träume und Probleme zu reden. "Alle Figuren finden es schwierig, offen zu sein und miteinander zu reden", sagt Vekemans.

Die Kraft der Liebe, die alles ändern kann

Marlena, eine junge Polin, verliebt sich unsterblich in einen US-Amerikaner. Doch der Journalist verschwindet plötzlich. Was er nicht weiß: Marlena ist schwanger. Sie flieht in die Niederlande, sie nimmt das Angebot einer Heiratsagentur an und heiratet einen Landwirt, der sich rührend um das Kind, das auf dem Hof aufwächst, kümmert. Als Marlenas Mutter im Sterben liegt, fährt sie zurück nach Polen und erkennt nach neun Jahren, dass ihr das Leben, das sie nicht gehabt hat, zu sehr fehlt. Sie bleibt mit ihrem Sohn dort. Der Junge verliert seinen Vater und verstummt. Doch dann springt der schweigsame Landwirt über seinen Schatten und bricht nach Polen auf, um seinen Sohn zu finden. "Er erkennt, wenn ich ihn wirklich liebe, dann muss ich etwas tun", sagt Lot Vekemans, "und er tut etwas, was er noch nie in seinem Leben getan hat“. Die Liebe ändert ihn. Er nimmt sein Schicksal in die Hand.

"Ich versuche immer, eine Tür zu öffnen"

Trotz aller trauriger Schicksalsschwere, die über dem ergreifenden Roman von Lot Vekemans schwebt, erzählt sie keine von Grund auf pessimistische Geschichte. Am Ende gibt es eine Art kleine, irdische Erlösung, und diese Erlösung, so sagt die Autorin, sei die Möglichkeit, die immer offen bleibt, und die die handelnden Personen vielleicht nutzen können. "Ich versuche immer, eine Tür oder ein Fenster zu öffnen, um meinen Helden die Idee zu geben, dass es noch eine andere Wirklichkeit gibt, eine andere Welt - als deine eigene schwierige Welt". Lot Vekemans wurde in diesem Jahr mit dem katholischen Ludwig-Mülheims-Preis für religiöse Dramatik ausgezeichnet. Im domradio.de Interview erzählt sie auch, was dieser Preis ihr bedeutet und was sie unter dem Begriff "Seele“ versteht.


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