Aus dem hl. Evangelium nach Johannes (Joh 1, 29–34)
In jener Zeit sah Johannes der Täufer Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, um Israel mit ihm bekanntzumachen.
Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft.
Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes.
Auslegung zum Sonntagsevangelium
Die Wendung "das die Sünden der Welt fortträgt" erinnert an die Aussage „der die Sünden der Vielen trug“ (Jes 53, 12). Doch sind auch zwei Unterschiede zu bemerken, nämlich dass V. 29b nicht von "Sünden" in der Mehrzahl, sondern von "der Sünde" im Singular die Rede ist. Darin ist wohl die johanneische Konzentration der Sünde auf den Unglauben zu erblicken. Der Unglaube, die tödliche Verschlossenheit gegen Gott, das ist die Sünde, die das "Lamm Gottes" beseitigt hat. „Die Vielen“ sind nach hebräischem Verständnis "Alle"; damit ist auch im johanneischen Verständnis die Transformation in "Welt, Kosmos" erlaubt. Das Heil, das durch Jesu Tod bewirkt wurde, hat grundsätzlich universalen Charakter, wie auch das beseitigte Unheil, "Die Sünde". Jesu Tod hat nach dieser Sicht die Weltsituation, die Situation des Menschen, ja der Menschheit wie der gesamten Geschichte vor Gott geändert. (Josef Blank (dt. Neutestamentler, 1926–1989), aus: Ders., Das Evangelium nach Johannes, Bd. 1a = Geistliche Schriftlesung 4, 1a, Düsseldorf, 2. Auflage 1990, 134. © Rechtenachfolge)