"Genau, der Winter muss raus", antwortet die alte Dame. Während sie bunte Stiefmütterchen ein - und graues Heidekraut auspflanzt.
Lächelnd gehe ich weiter. Ja, überall liegt ein Hauch Frühling in der Luft. Also noch nicht ganz. Heute zum Beispiel war der Himmel hellgrau, dunkelgrau, blaugrau und schwarzgrau. Der Regen schüttete dabei immer wieder heftig.
Aber dazwischen, wenn der Wind die Wolken weggepustet hatte - dann war es viel heller, als noch vor ein paar Wochen. Und abends gibt es auch schon lange mehr Licht. Und morgens singen mich Vögel aus dem Schlaf.
Der Regen kann regnen, wie er will. Der Frühling lässt sich nicht mehr aufhalten. Am Horizont ist er schon angekommen. Und bis er bei uns, dauert es nicht mehr lange.
Ich lächle schon wieder. Endlich Frühling in Sichtweite. Endlich mehr Licht.
Mir ist, als wollte ich mich schütteln. Und gleich den ganzen "alleswirdimmerschlimmer-Sumps" mit aus mir rausschütteln. Dieses Katastrophengerede an so vielen Ecken und Enden.
Ich habe an dieser Stelle hinreichend oft gesagt: ja, wir leben in Zeiten, in denen unsere demokratischen Errungenschaften und unsere Meinungsfreiheit bedroht sind. Und dass es an uns liegt, diese zu beschützen und für sie einzutreten.
Aber das heißt nicht, das heißt überhaupt nicht, dass ich die länger werdenden Tage, die Vögel am Morgen oder die sanfter werdende Luft übersehen will. Im Gegenteil. Wenn das Leben rauer wird - dann brauche ich den Frühling umso mehr.
Um mir von den Vögeln am Morgen und dem Licht am Abend in Erinnerung singen zu lassen: wie schön das Leben ist. Was für ein Geschenk. Wie wunderbar.
"Der Winter muss raus" hat die alte Dame gesagt. Genau. Der Winter muss raus.
Damit aller Platz im Herzen frei ist für den neuen Frühling.